Der Vorsitzende der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), Alexander Kirchner, fordert, dass einem möglichen Lohn- und Sozialdumping im öffentlichen Nahverkehr durch die Neufassung des Vergabegesetzes ein Riegel vorgeschoben wird. Der vorliegende Entwurf geht nach seiner Auffassung nicht weit genug.
Der Entwurf stelle zwar klar, dass die Aufgabenträger des Bahn- und Busverkehrs in ihren Ausschreibungsbedingungen vorschreiben können, dass der neue Betreiber die bisher Beschäftigten übernimmt. „Die jetzige Formulierung ist uns aber zu wenig“, sagte Kirchner. „Wir brauchen eine Muss-Vorschrift, die für alle Vergabeverfahren gilt. Sonst wird nicht verhindert, dass Wettbewerb weiterhin auf dem Rücken der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgetragen wird“, sagte der Gewerkschafter.
Werden Strecken neu ausgeschrieben, verliert häufig der Anbieter, der seine Mitarbeiter gut bezahlt oder die besseren Sozialleistungen bietet, eine Tatsache, die auch mobifair seit langem kritisiert. Immer noch wird der „Billigste“ bevorzugt. Beschäftigte müssen so oftmals zu schlechteren Konditionen zum neuen Anbieter wechseln. Da Nahverkehrsleistungen in der Regel alle fünf bis 15 Jahre neu ausgeschrieben würden, müssten beispielsweise Zugbegleiter, Lokführer, Werkstatt- und Vertriebspersonal bis zu fünfmal in ihrem Berufsleben damit rechnen, so ihren Arbeitsplatz zu verlieren. „Und das nur, weil die Politik die Rahmenbedingungen nicht verändert“, kritisierte Kirchner.
Die EVG fordert, dass im Vergabegesetz die Kann-Vorschrift in eine Muss-Vorschrift geändert wird. Die EU-Verordnung 1370/2007 sehe diese Möglichkeit vor. In anderen Ländern – etwa den Niederlanden, in Dänemark, in Großbritannien, Frankreich und Italien – gebe es entsprechende gesetzliche Regelungen bereits.