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Übernahme der Eurobahn durch den NWL

Häufige Zugausfälle, Fahrplanausdünnungen, massiver Personalmangel, auch wegen fehlender Perspektiven, hohe Pönalezahlungen. Das waren die Hauptursachen, weshalb der Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) im vergangenen Jahr ankündigte, die Eurobahn eventuell selbst übernehmen zu wollen, nachdem auch der zwischenzeitliche Eigentümer, die Münchener Wirtschaftskanzlei Noerr, keinen neuen Investor gefunden hatte und die Probleme immer größer wurden – u.a. weil viele Beschäftigte das Unternehmen wegen fehlender Zukunftsperspektiven verließen.

Ende Januar 2025 war es dann so weit: Die Verbandsversammlung des NWL hat einer Übernahme der Eurobahn zum symbolischen Preis von 1 Euro zugestimmt. Vorher mussten erst noch jeweils die 19 am NWL beteiligten Landkreise und Städte sowie die Bezirksregierung Arnsberg grünes Licht geben. Das geschah teilweise „unter Bauchschmerzen“, wie es manche Kommunalvertreter ausdrückten, weil sie fürchten, hohe Summen aus ihren Kassen zu verlieren, wenn es doch nicht läuft, wie geplant. Dennoch war diese Lösung höchstwahrscheinlich preiswerter als eine Neuausschreibung, eventuelle Notvergaben und Einnahmeausfälle durch instabile Verkehre.

Jetzt hat der NWL die Direktvergabe der vier verbliebenen Eurobahn-Netze mit insgesamt rund 12 Mio. Zugkilometern pro Jahr an den mittlerweile „internen Betreiber“ Eurobahn im europäischen Amtsblatt angekündigt und somit den Prozess auch vergaberechtlich abgeschlossen. Damit einhergehen dürften auch Vertragsanpassungen, mit denen die Probleme der Vergangenheit angegangen werden sollen. Die Verträge enden zu unterschiedlichen Zeitpunkten: Im Dezember 2026 (Maas-Rhein-Lippe), 2029 (Ostwestfalen-Lippe-Dieselnetz Los Nord) sowie 2032 (Hellweg und Teutoburger Wald).

Für die rund 900 Kolleg*innen bei der Eurobahn ist dies zunächst einmal eine gute Nachricht, weil damit hoffentlich wieder etwas Ruhe und Stabilität einkehrt. Wie es langfristig weiter geht, wird sich zeigen müssen. Der NWL will die Eurobahn „möglichst ab 2027“ im Rahmen eines Wettbewerbsverfahrens wieder an einen Investor veräußern. Ob dies so schnell gelingt, bezweifelt mobifair und verweist auf die Übernahme der ehemaligen Abellio-Verkehre in Baden-Württemberg durch die landeseigene SWEG: Das Ausschreibungsverfahren dazu zieht sich weiter in die Länge.

In jedem Fall muss eins klar sein: Die Beschäftigten sind das Rückgrat des Unternehmens und haben in den schwierigen letzten Jahren den Betrieb am Laufen gehalten – unabhängig davon, wem die Eurobahn gerade gehört hat. Außerdem sind zahlreiche Neueinstellungen nötig, weil das Hauptproblem, der Personalmangel, durch die NWL-Übernahme noch nicht gelöst ist. Die Beschäftigten müssen daher im Fokus aller weiteren Entwicklungen stehen, insbesondere dann, wenn ein neuer Eigentümer gefunden ist. „Keine Ausnahmen, keine Tricks und keine Verschlechterungen bei der Einstellung und der Personalübernahme, sondern Wertschätzung und eine langfristige Perspektive für alle“, fordert Christian Gebhardt von mobifair daher schon heute.

Schlussfolgerungen

Das jetzige Beispiel zeigt aus Sicht von mobifair vor allem:

Eine Stärkung der Direktvergabe könnte viele Probleme lösen, die wir heute im SPNV sehen. Der NWL greift hier auf eine der wenigen Sonderregelungen zu Direktvergaben zurück, nämlich die Vergabe an einen internen Betreiber, d.h. an ein Unternehmen, das dem Aufgabenträger selbst gehört. Auch in anderen Fällen wären Direktvergaben sinnvoll, etwa um flexibel auf stark veränderte Rahmenbedingungen während der langen Vertragslaufzeiten reagieren zu können. Jedoch lässt dies das deutsche Vergaberecht nicht zu, während das europäische Vergaberecht mehr – aber auch noch nicht genug – Entscheidungsspielraum ermöglicht.

Die vom Nordrhein-Westfälischen Verkehrsministerium ins Gespräch gebrachte Strukturreform, insb. die Gründung einer Landesnahverkehrsgesellschaft als Aufgabenträger für ganz NRW, sollte ernsthaft verfolgt werden, damit das Land den SPNV effektiver und effizienter steuern kann und dieser nicht zu einem unkalkulierbaren finanziellen Risiko für die Kommunen wird. Voraussetzung ist natürlich eine langfristige und ausreichende Finanzierungszusage des Landes.

Wie die Kolleg*innen bei der Eurobahn braucht auch der ÖPNV v.a. eins: Eine langfristige, nachhaltige Perspektive.