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Kranke Schiene, kranke Bahn!

Die Halbjahrespressekonferenz der Deutschen Bahn hat die schlimme Situation des Unternehmens offengelegt. Überraschend ist die Bilanz jedoch nicht. Die Probleme haben sich über viele Jahre aufgestaut. Dass es ein großes Infrastrukturproblem mit weitreichenden Folgen für Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit gibt, ist wohl allen bekannt. Dass die Sanierung der Eisenbahninfrastruktur viel Zeit und Geld kostet, dürfte auch niemanden verwundern. Der Bahn allein die Schuld zuzuschieben, wäre falsch, denn schließlich ist der Bund nicht nur Eigentümer der Bahn und somit verantwortlich für die Unternehmensausrichtung, sondern über den Bundesverkehrswegeplan verantwortlich für die Gestaltung eines leistungsfähigen Schienennetzes in Deutschland.

Die entsprechenden Entscheidungen wurden getroffen, damit das Netz endlich grundsaniert werden kann. Dies ist eine der größten Herausforderungen für DB InfraGO und natürlich für all die, die auf deutschen Schienen unterwegs sind.

Diese Zeit muss man der Schiene geben und in Kauf nehmen, dass die dringend notwendige Sanierung auch die Wirtschaftsdaten der DB AG, sowie der anderen Eisenbahnen in Deutschland in den Keller treibt. Im Fernverkehr bleiben aufgrund katastrophaler Pünktlichkeitswerte die Reisenden aus und im Nahverkehr treiben die Aufgabenträger fleißig hohe Pönalezahlungen für Verspätungen und Zugausfälle ein, die von den Unternehmen nicht beeinflussbar sind. Das Erste ist tragisch, aber verständlich, das Zweite sollte schleunigst abgeschafft werden.

Ein weiterer Punkt ist ebenfalls völlig unakzeptabel. Wenn man der Bahn, also dem System Schiene, neuen Schwung geben will, dann ist die geplante Anhebung der Trassenpreise ab Dezember dieses Jahres eine riesige Fehlentscheidung. Für den Fernverkehr sollen die Trassenpreise um 17,7 % steigen, für Güterzüge um 16,4 %.

Glaubt man bei der Bahn und in der Politik wirklich, dass man die Sanierungskosten auf die Nutzer umlegen kann? Soll das der Verkehrswende in Deutschland wirklich zuträglich sein? Die Fachleute sagen schon jetzt voraus, dass dadurch der geschwächte Schienengüterverkehr deutlich Leistungen an die Straße abgeben wird. Das ist ein Weg in die völlig falsche Richtung. Das Verkehrsministerium und die Bahnvorstände müssen sich hier herbe Kritik gefallen lassen, mobifair hält diese Entscheidungen für völlig verfehlt.

Was man dem Bahnvorstand und der Bundespolitik ebenfalls vorwerfen muss, ist der angestrebte Verkauf des Tafelsilbers, DB Schenker. Ein profitables Geschäft zu verkaufen und einmalig Geld zu erhalten ist betriebswirtschaftlicher Unsinn.

Ebenfalls kaum zu glauben sind die Aussagen des Finanzvorstands der DB AG, der bis zum Jahr 2030 rund 30.000 Arbeitsplätze abbauen will, die vornehmlich in der Verwaltung zu finden seien. Eine Bewertung ist hier an dieser Stelle nicht möglich, aber es ist schwer vorstellbar, dass 14 % der Bahnbeschäftigten mit verzichtbaren Verwaltungsaufgaben beschäftigt sein sollen. Außerdem sprechen wir hier über Menschen mit eigenen Plänen, Hoffnungen und Schicksalen und nicht von irgendwelchen Statistiken oder Wirtschaftsdaten. Die Interessenvertretungen im Bereich der Bahn werden hier sicherlich einiges an Fragen haben.

Letztlich lassen sich die größten Probleme der Deutschen Bahn AG, aber auch der gesamten Branche, nicht kurzfristig und erst recht nicht mit dem neoliberalen Allheilmittel „mehr Wettbewerb“ lösen. Der Bund der Steuerzahler, Bundesrechnungshof und liberal-konservative politische Stimmen sollten hier mal aufhören Öl, ins Feuer zu gießen.

Das System Schiene und auch die Deutsche Bahn AG als integrierter Konzern sind systemimmanent, also unverzichtbar für dieses Land, wenn wir es ernst meinen mit der Erreichung der Klimaziele und wenn wir für die Menschen in Deutschland eine zukunftsfähige und bezahlbare Mobilität sichern wollen.

Geben wir diesem System und der Deutschen Bahn AG Zeit, denn manchmal muss es eben erst schlimmer werden, bevor es dann besser werden kann.