Hamburg soll ein neues Vergabegesetz bekommen. Der Senat hat nach mehreren Jahren der Erarbeitung einen Entwurf vorgelegt, der jetzt in die Verbändeanhörung geht. Leider bleibt dieser weit hinter den Anforderungen zurück, die ein solches Gesetz im Jahr 2023 erfüllen muss, um fairen Wettbewerb und gute Beschäftigungsbedingungen im Bereich öffentlicher Aufträge zu gewährleisten. Viele Gestaltungsmöglichkeiten bleiben ungenutzt, wesentliche Verbesserungen für die Beschäftigten sind nicht zu erwarten, wenn nicht im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens grundlegend nachgebessert wird. mobifair teilt daher die Kritik des DGB am Entwurf.
Bei dem für Beschäftigte im öffentlichen Personennahverkehr auf Schiene und Straße sehr wichtigen Thema Personalübernahme bei Betreiberwechsel gibt es keine Verbesserung zu heute: Es wird den Aufgabenträgern überlassen, bei einer Ausschreibung die Personalübernahme zu den bisherigen Bedingungen vorzugeben – oder auch nicht. Letzteres ist die Regel. Das heißt in der Praxis, v.a. in der Busbranche, dass ein Verlust des Arbeitsplatzes, Versetzungen, Lohneinbußen oder schlechtere Arbeitszeitregelungen drohen, wenn ein neues Unternehmen mit einem Billigangebot zum Zug kommt. Angesichts des enormen Personalmangels in der Branche und den damit verbundenen Problemen bei vielen Betriebsaufnahmen ist dies für mobifair nicht mehr zeitgemäß und kontraproduktiv. Das haben andere Länder längst erkannt und die Personalübernahme auf Schiene und Straße zum Regelfall gemacht (Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt) oder planen dies derzeit (Mecklenburg-Vorpommern).
Beim Thema Tariftreue will der Senat branchenspezifische Mindestentgelte festlegen, an die sich die beauftragten Unternehmen halten müssen. Finanzsenator Dr. Andreas Dressel bezeichnet dies als „Einstieg in echte Tariftreue-Regelungen“. Aus Sicht von mobifair-Vorstand Dirk Schlömer ist die Formulierung im Entwurf lückenhaft und wenig hilfreich: „Statt echte Tariftreue, bei der ganze Tarifverträge zugrunde gelegt werden, gibt es hier nur eine Scheinregelung: Nicht erfasst werden z.B. verschiedene Entgeltgruppen, Erfahrungsstufen, Arbeitszeit- und Urlaubsregelungen sowie Zulagen und Sonderzahlungen, die einen sehr großen Anteil am Gesamtlohn ausmachen. Es handelt sich eher um Mindestlöhne. Außerdem darf der Senat Anpassungen vornehmen, im schlimmsten Fall also auch zum Nachteil der Beschäftigten. Insgesamt ist diese Regelung mehr Schein als Sein.“
Der Entwurf sieht außerdem vor, dass Aufgabenträger die Einhaltung der gemachten Vorgaben kontrollieren dürfen und dies bei hinreichendem Verdacht müssen. „Dies reicht nicht aus. Ohne regelmäßige Kontrollen ist ein wirksamer Schutz der Beschäftigten kaum machbar“, so Dirk Schlömer.