Bei der Rekommunalisierung der Busverkehre im Raum Bad Kreuznach handelte es sich nicht um einen Betriebsübergang – die Beschäftigten haben also keinen Anspruch auf Übernahme durch den neuen Betreiber. Das hat das örtliche Arbeitsgericht in seinem Urteil festgestellt. Doch der Fall ist komplex – und möglicherweise von großer Bedeutung für künftige Betreiberwechsel und die Frage, ob ein Betriebsübergang vorliegt oder nicht.
Im Oktober 2022 wurde die Rekommunalisierung der Busverkehre in den Landkreisen Bad Kreuznach und Mainz-Bingen sowie der Stadt Bad Kreuznach abgeschlossen. Seitdem heißt der Betreiber Kommunalverkehr Rhein-Nahe (KRN). Früher wurden die Stadtbusleistungen von der Transdev-Tochter Stadtverkehr Bad Kreuznach (SBK) eigenwirtschaftlich erbracht. Von dieser Konzession hat sich das Busunternehmen entbinden lassen. In der Folge gab es eine teure Notvergabe (an die SBK), zahlreiche Probleme und einen Notfahrplan. Die beiden Landkreise sowie die Stadt haben dann ein eigenes Verkehrsunternehmen gegründet und eine Direktvergabe an dieses durchgeführt. Dabei wurden etwa 70% der bisherigen SBK-Beschäftigten übernommen, nicht jedoch drei Betriebsräte, die daraufhin vor dem Arbeitsgericht geklagt haben. In ihrer Klage haben sie sich auch auf das wegweisende EuGH-Urteil C-298/18 bezogen, wonach ein Betriebsübergang auch dann vorliegen kann, wenn keine Fahrzeuge übergehen, z.B. wegen Umweltschutzvorgaben, und wenn die wirtschaftliche Identität gewahrt bleibt (mobifair hat über das Urteil berichtet).
Das Arbeitsgericht ist dieser Argumentation nicht gefolgt und begründet sein Urteil damit, dass eine 70%-ige Übernahmequote nicht ausreiche, sondern mindestens 85% notwendig seien, und zwar in derselben Arbeitsorganisation. Der KRN hatte – laut Bericht der Allgemeinen Zeitung – erklärt, es habe eine Umorganisation der Linien gegeben und es kämen auch Subunternehmen zum Einsatz. Die Kläger hielten dagegen, dass viele Fahrer*innen wieder ihre alten Linien fahren würden. Sie wollen notfalls durch alle Instanzen gehen. Nächste Station wäre das Landesarbeitsgericht in Mainz. mobifair begrüßt dies und wünscht den Kollegen viel Erfolg, weil aus dem EuGH-Urteil keine Übernahmequote von 85% ersichtlich ist. Vielmehr kommt es auf die „Wahrung der Identität einer wirtschaftlichen Einheit“ an. Das Urteil des Arbeitsgerichts ist daher für mobifair nicht nachvollziehbar.
Es kommt aber noch ein weiterer wichtiger Punkt hinzu: Bad Kreuznach liegt in Rheinland-Pfalz und somit gilt hier laut Tariftreuegesetz eigentlich die „Muss“-Bestimmung zum Personalübergang. Eigentlich? Der Aufgabenträger hat wegen der Rekommunalisierung in Form einer Direktvergabe an einen internen Betreiber keinen Personalübergang vorgegeben. Die Rechtslage sieht man jedoch in der Servicestelle zum Landestariftreuegesetz anders: Auch bei Direktvergaben greife die „Muss“-Vorgabe, ebenso wie bei Notvergaben. Es könnte also gut sein, dass der Fall auch noch vor der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion und dem Verwaltungsgericht behandelt wird, weil es auch um verwaltungsrechtliche Fragen geht.
mobifair kann die Entscheidung des Aufgabenträgers, keinen Personalübergang vorzugeben, nicht nachvollziehen, geht davon aus, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist und meint dazu: „Es muss endlich Schluss sein mit der Suche nach immer neuen Wegen, den Beschäftigten doch noch irgendwie den Schutz vor den negativen Folgen des Wettbewerbs vorzuenthalten, den sie verdienen. Diese Energie sollte besser in nachhaltige Konzepte für gute Beschäftigungsbedingungen und hohe Qualität gesteckt werden. Diese braucht der ÖPNV dringender denn je und dazu gehört ein sozialgeschützter Personalübergang ohne Wenn und Aber.“