Verdreckte Toilettenanlagen, Zeitdruck, fehlende Wertschätzung – das Berufsfeld des Busfahrers wird immer unattraktiver. Unmöglich, wenn man daran denkt, dass die Verkehrswende bevorsteht und der Beruf so wichtig wie noch nie wird.
In der NDR-Sendung Panorama 3 erklären Busfahrer*innen mal wieder, wie schlecht ihre Arbeitszustände aussehen. Für uns ist das lange kein Wunder mehr – leider! Die Beschäftigten sind oft dehydriert während der Arbeit in einem stickigen Bus. Warum? Weil sie sich dafür schämen oder davor ekeln, die dreckigen Toilettenanlagen zu benutzen und daher weniger trinken. Das ist ein Riesenproblem. Entweder sind die sanitären Anlagen viel zu unhygienisch oder – noch schlimmer- sie fehlen komplett.
Hinzu kommt der Arbeitsdruck, der immer mehr zunimmt. Viele Busunternehmen kürzen die Fahrtzeiten bei ihren Linien. Es ist kaum möglich, Verspätungen aufzuholen. Obwohl der Arbeitgeber schuld an diesen Verspätungen ist, müssen die Busfahrer*innen mit dem Stress umgehen und den Frust der Fahrgäste spüren.
Kein Wunder, dass viele den Beruf nach kurzer Zeit hinschmeißen. Das geht zum Teil soweit, dass Busfahrer*innen erhöhten Blutdruck haben, allein durch Stress, und dann ins Krankenhaus gefahren werden müssen. So berichtet es ein Betroffener in dem NDR-Beitrag.
Und all das führt zu einem enormen Personalmangel. Vor 20 Jahren gab es noch viel mehr Busfahrer*innen, obwohl deutlich weniger Fahrgäste öffentliche Verkehrsmittel genutzt haben. Und dann ist da die Regierung, die eine Verkehrswende vorsieht. Aber wie soll eine Verkehrswende stattfinden, wenn sich so viele vor dem Beruf des Busfahrers scheuen? Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmer (VDV) schätzt, dass 110.000 zusätzliche Stellen im ÖPNV gebraucht werden, die meisten davon im Linienbussektor. Dazu kommen 74.000 Stellen vorwiegend auf der Straße, die altersbedingt wiederbesetzt werden müssen. Aber da müssen erst einmal hygienische Toilettenanlagen und Pausenräume geschaffen werden, bevor solche Zahlen realisierbar erscheinen. Wertschätzung am Arbeitsplatz sollte das A und O sein.
Zur Fluktuation aus dem Beruf als Busfahrer tragen nicht nur die Arbeitsumstände bei, sondern auch die Bezahlung und weitere Rahmenbedingungen. Aktuelles Beispiel dafür, wie es noch schlimmer geht: Das niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung hat im Jahr 2020 den Tarifvertrag zwischen der Gewerkschaft öffentlicher Dienst (GÖD) und dem Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen (GVN) entgegen der Empfehlung des Tariftreuebeirats und gegen Widerstand von DGB, Einzelgewerkschaften und Parteien in die Liste der repräsentativen Tarifverträge bei öffentlichen Ausschreibungen von Busverkehrsleistungen aufgenommen. In Holzminden ist nun eine der ersten Busausschreibungen raus, bei der dieser Dumpingtarifvertrag angewandt werden darf. Der Stundenlohn liegt dabei bei 12,01 Euro bei einer 45-Stunden-Woche und somit bis zu 5 Euro unter den bisherigen repräsentativen Tarifverträgen (TV-N und AVN).
mobifair meint: „Es wird dringend Zeit, dass Busfahrer*innen mehr wertgeschätzt werden. Was sollen diese unmöglichen Arbeitszustände? Da ist es kein Wunder, dass Personal fehlt. Verkehrsunternehmen, die ihren Arbeitnehmer*innen solche Zustände zumuten, haben am Arbeitsmarkt nichts zu suchen und sollten bestraft werden! Wie viele Busfahrer*innen sollen noch leiden? Ohne sie funktioniert die Verkehrswende nicht, ganz einfach.
mobifair wird sich weiter darum kümmern, dass Busfahrer*innen mehr Gehör finden, ihre Forderungen umgesetzt werden und all denjenigen, die meinen, es geht so weiter mit Billigvergaben, Ausbeutung und dem „Keine-Ahnung-haben“, sei gesagt: „Geht weg, weit weg. Euch braucht keiner.“