Die öffentlichen Meldungen über die Probleme bei der Betriebsaufnahme der Busverkehre im Landkreis Konstanz geben mobifair Anlass, über die wichtigen Sachverhalte zu informieren. Denn immer häufiger ist festzustellen, dass die Betriebsaufnahme bei einem Betreiberwechsel nach einer erfolgreichen Bewerbung im Ausschreibungsverfahren für Buslinien nicht funktioniert. Das ist vorhersehbar, da die Aufgabenträger das Preisangebot als wichtigstes Kriterium bei der Vergabeentscheidung nutzen. Man verzichtet darauf, die Qualitätskriterien in den Vordergrund zu ziehen und vertraut dem „billigeren“ Bewerber, dass er letztendlich zum Betriebsstart die gewünschten Linien ordentlich bedient. Es findet im Ausschreibungsverfahren keine Kontrolle statt, mit welchem Bussen und mit welchem Personal die Fahrleistungen bewältigt werden. Man verzichtet darauf, gewohnte und enge Bindungen, die im Laufe der Zeit zwischen einen Unternehmen – hier insbesondere zwischen den Fahrern – und Kunden bestehen, aufrecht zu erhalten. Das beinhaltet eine „Billigvergabe“ auch nicht.
Die Aufgabenträger verneinen den Vorwurf von mobifair und bringen immer wieder zum Ausdruck, dass sie so handeln müssen. Europäische Verordnungen verlangten dieses Vorgehen und sie müssten rechtssicher handeln. Jeder der etwas von der Sache versteht, weiß, dass dies nur Ausflüchte sind, um letztendlich einen der Daseinsvorsorge geschuldeten Auftrag kostengünstig umzusetzen. mobifair sagt, billig auf Kosten der Beschäftigten und letztendlich auch der Kunden. Im Ergebnis werden gewachsene Strukturen aufgelöst. Busfahrer, die in der Region mit ihren Familien leben, verlieren ihre Arbeit oder zumindest Teile ihres Einkommens. mobifair spricht hier von einem sozial ungeschützten „Arbeitsplatzklau“.
Richtiger wäre, die Ausschreibung mit klaren Vorgaben auszustatten und deren Einhaltung ständig zu kontrollieren. Wesentliche Vorgabe wäre die Sicherstellung eines sozial geschützten Personalübergangs. Das heißt, dass die Beschäftigten eines Altbetreibers mindestens zu ihren gewohnten Lohn- und Sozialstandards übernommen werden müssten. Dies sieht das Landestariftreue- und Mindestlohngesetz Baden-Württemberg sowie die EU-Verordnung 1370/2007 vor. Leider als „Kann“-Regelung. Also man kann es tun, braucht es aber nicht. Im benachbarten Rheinland-Pfalz ist dies als „Muss“ festgelegt worden. Ja, der kleine Unterschied macht es aus. Nimmt man die Möglichkeit in Anspruch, dann hat man ja keine Ersparnis mehr. Diese Denke ist mehr als beschämend für einen Aufgabenträger, für Landkreise, Städte und Gemeinden, die solche Vergaben mitentscheiden. Kein Busfahrer kann etwas dafür, dass hier der „Ausschreibungswahn“ um sich greift. Man entzieht ihm sein Vertrauen und nimmt ihm die Wertschätzung für die Jahre, in denen er täglich Schulkinder und andere Buskunden sicher und anständig chauffiert hat. Da kommen andere und lösen diese Busfahrer ab. Sie sind immer öfter schlecht ausgebildet, können sich aufgrund von Sprachproblemen nicht verständigen und nehmen ungewollt negativen Einfluss auf das Berufsbild der Busfahrer, zu dem Sicherheit, Zuverlässigkeit und Kompetenz gehört.
mobifair will andere, an der Qualität orientierte Ausschreibungsverfahren nicht länger nur einfordern. mobifair verlangt das, weil alles andere größtenteils zu Verschlechterungen des öffentlichen Auftrags führt. Es greift Menschen in ihren Existenzen an und gibt Raum für schwarze Schafe in der Branche. Das darf keiner wollen.
Zusammenfassend darf es Ausschreibungen nur noch geben, wenn ein Personalübergang vorgeschrieben wird, der bei einem Auftragsverlust allen Beschäftigten eines Altbetreibers Wechselmöglichkeiten zu dauerhaft gleichen Lohn- und Sozialbedingungen bietet. Des Weiteren muss bis mindestens ein halbes Jahr vor dem Betriebsstart der Neubetreiber nachweisen, dass er das notwendige und in der Ausschreibung geforderte qualifizierte Personal in seinen Reihen hat. Er muss eine Ausbildungsquote nachweisen, eine Tarifbindung und einen Betriebsrat in seinem Unternehmen.
Bevor jetzt einer meint „das geht nicht, die spinnen von mobifair“. Doch, das geht. Wir haben das von Fachanwälten prüfen lassen. Gerne geben wir Auskunft.
Noch eins. Werte Landräte und Bürgermeister, „lasst euch künftig die Namen der Beschäftigten aus den Busunternehmen geben, die ihren Auftrag verlieren. Geht hin und sagt insbesondere den Busfahrern und ihren Familien, dass man ihnen die Arbeit nehmen wird. Bietet ihnen die Chance auf einen neuen Arbeitsplatz bei den neuen Betreibern „ihrer“ Buslinie an. Allerdings zu weniger Lohn, weniger Urlaub, ohne betriebliche Altersversorgung … . Sie werden es Ihnen danken.“