7. Oktober 2011 – „Überfahrene Haltesignale, fehlende oder schlecht ausgebildete Lokführer, gestrichene Zugverbindungen und eklatante Sicherheitsprobleme“, so beschreibt mobifair, Verein für fairen Wettbewerb in der Mobilitätsbranche, die Situation im Schienennahverkehr in Oberfranken.
Vor zwei Jahren erhielt der Billiganbieter „agilis“ im Auftrag der Bayerischen Staatsregierung durch deren Tochterunternehmen BEG den Auftrag als Betreiber für den Nahverkehr des Dieselnetzes Oberfranken. Nachdem die Erwartungen von BEG und agilis, dass die bisher im Nahverkehr Oberfranken tätigen Lokführer von DB-Regio scharenweise zum neuen Betreiber überwechseln würden, nicht eingetroffen sind, sollten im Hau-Ruck-Verfahren Lokführer ausgebildet werden. Das allerdings ging schief.
mobifair sieht hier ein klares Versagen des untätigen agilis-Managements. Statt die zwei Jahre Vorlaufzeit zu nutzen, um qualifiziertes Personal zu erhalten, musste schließlich wieder einmal der Steuerzahler einspringen: Mit Bildungsgutscheinen der Bundesanstalt für Arbeit wurden Langzeitarbeitslose aufgefordert, sich innerhalb von neun Monaten zu agilis-Lokführern und Lokführerinnen ausbilden zu lassen. Das Gehalt für diese Ausbildungszeit wurde – für die agilis sehr praktisch – gleich mit bezahlt.
„Das ist eine klare Finanzierung von Wettbewerbsverzerrung“, schimpft Helmut Diener, Geschäftsführer von mobifair. Außerdem seien diese zwei Millionen Euro angesichts einer Durchfallquote von 80 Prozent der Lokführeraspiranten rausgeschmissenes Geld, sagt Diener. Wer langzeitarbeitslose Supermarkt-Kassiererinnen und Friseure zu Lokführern ausbilden möchte, benötige dazu in erster Linie eine hochqualifizierte Bildungseinrichtung und zum anderen ausreichend Zeit für die Ausbildung. Beides versucht die agilis jetzt aber zu umgehen.
Da dem Unternehmen nun die Zeit fehlt, soll die Ausbildung jetzt in sechs Monaten erfolgen. Es bleibt abzuwarten, welche Bildungseinrichtung sich auf eine solch dubiose Offerte von agilis einlässt.
Mehr dazu in der neuen Ausgabe des mobifair-Magazins „mopinio“, das am 12. Oktober erscheint.