In diesem Jahr trafen sich die Mitglieder des Vereins mobifair in Fulda zur alljährlichen Versammlung. Der Vorsitzende des Präsidiums, Reiner Bieck, begrüßte die Anwesenden und gratulierte dem Verein zu seiner „Volljährigkeit“. 18 Jahre mobifair, 18 Jahre Einsatz für bessere Arbeitsbedingungen in der Mobilitätswirtschaft. Es wurde viel erreicht, doch nicht alles wird besser – im Gegenteil, die Zeiten werden härter. Bieck entschuldigte den Vorsitzenden des Vorstands, Dirk Schlömer, der krankheitsbedingt leider nicht teilnehmen konnte. Nach Abschluss der Formalien richtete Guy Greivelding, ehemaliger Präsident des FNCTFFEL aus Luxemburg und Vorsitzender von mobifair-Luxemburg, einige Worte an die Anwesenden und berichtete über die Situation in Luxemburg.
Das Grußwort hielt Edwin Atema von der Road Transport Due Diligence (RTDD). Die RTDD-Stiftung wurde 2018 von der International Transport Workers Federation (ITF) und der International Union of Food (IUF) ins Leben gerufen. Ihr Hauptziel ist die Überwachung und Sicherstellung der Einhaltung des Lieferkettengesetzes. Atema begleitete maßgeblich die Proteste der LKW-Fahrer von Gräfenhausen. Diese Aktion sorgte für großes Aufsehen, aber sie sei nur die Spitze des Eisbergs, so Atema. Rund vier Millionen LKW-Fahrer sind in den 27 EU-Mitgliedstaaten im Einsatz, die etwa 50 bis 60 verschiedene Nationalitäten repräsentieren. Die Rahmenbedingungen seien teilweise katastrophal. Ausbeutung und Menschenhandel stünden an der Tagesordnung. Die Arbeit der RTDD trägt wesentlich dazu bei, die Arbeits- und Lebensbedingungen im Transportsektor nachhaltig zu verbessern.
Auch im Langzeitprojekt „Faire und sichere Arbeit in der Verkehrsbranche“ gab es in diesem Jahr viel zu tun. Christian Gebhardt, Projektleiter des Langzeitprojekts, präsentierte die Arbeit und die Erkenntnisse aus dem vergangenen Jahr. Es gab Fortschritte bei den Landestariftreue- und Vergabegesetzen. Ein zentrales Thema war das Bundestariftreuegesetz, dessen politischer Prozess weiterhin von Unsicherheiten geprägt ist. mobifair hinterfragte zudem den Wettbewerb im Schienennahverkehr. Dabei wurde deutlich, dass der Wettbewerb zwischen nur wenigen Akteuren ausgetragen wird. Die finanzielle Lage des SPNV bleibt angespannt: Die Regionalisierungsmittel reichen kaum aus, um bestehende Leistungen und das Deutschland-Ticket über 2025 hinaus zu sichern. Erste Kürzungen durch Aufgabenträger gefährden die Verkehrswende und zuletzt erreichte Fortschritte bei den Beschäftigungsbedingungen. Wie in den vergangenen Jahren fand auch 2024 ein Workshop statt, diesmal in den Niederlanden, um sich über gesetzliche und tarifvertragliche Regelungen bei Ausschreibungsverfahren auszutauschen. Ein weiterer Workshop ist für 2025 in Italien geplant. Darüber hinaus beteiligt sich mobifair an einer Sechs-Länder-Studie zur Liberalisierung des Schienenverkehrs, die bis 2026 läuft.
Politisch setzte mobifair auf zahlreiche Gespräche mit Bundes- und Landespolitikern sowie auf Vor-Ort-Termine mit Beschäftigten und Seminare wie „Achtung, Ausschreibung!“. Diese boten Raum für Diskussionen über Vergabewettbewerb, Qualitätsstandards und Handlungsmöglichkeiten für Beschäftigte. Regelmäßiger Austausch mit Gewerkschaften und Verbänden ergänzt diese Arbeit.
Manuel Poblotzki stellte in Vertretung von Dirk Schlömer den aktuellen Stand der geleisteten Arbeit der mobifair Zertifizierungs- und Beratungs-GmbH für 2024 vor. Die Seminarauslastung war nicht vollständig zufriedenstellend; dennoch konnten einige ausgefallene Veranstaltungen durch Alternativen kompensiert werden.
Helmut Diener, Vorstand mobifair, präsentierte die Recherchearbeit des Vereins für 2024. Im Fokus standen weiterhin Verfahren gegen einen Personaldienstleister, der Lokführern aus der Ukraine und Russland nach Kündigungen hohe Rückzahlungen von Ausbildungskosten abverlangte. Zudem deckte mobifair Sicherheitsprobleme im Schienenverkehr auf, da Lokführer häufig ohne ausreichende Schulung eingesetzt wurden. Diese Recherchen unterstreichen die Bedeutung der Arbeit für faire und sichere Bedingungen. Für 2025 plant mobifair die Begleitung ausstehender Verfahren, Maßnahmen gegen minderwertige Ausbildungsangebote sowie neue Recherchen zu unsicheren Zugfahrten und zur Tarifbindung in der Branche. „Wir sind noch nicht fertig. mobifair wird die Recherche wieder intensivieren und die Unternehmen, die sich nicht an Lohn- und Sozialstandards halten, in die Öffentlichkeit ziehen.“
Reiner Bieck präsentierte den Bericht des Präsidiums. Dabei gab er einen Rückblick auf die Sitzungen des vergangenen Jahres und erläuterte die Aufgaben, die das Präsidium in diesem Zeitraum wahrgenommen hatte.
Die Pflichten der Mitgliederversammlung, darunter Abschlüsse, Berichte sowie Entlastung der Rechnungsprüfer und des Präsidiums, wurden satzungsgemäß abgearbeitet und durchgeführt.
Die Mitgliederversammlung erteilte dem Vorstand und dem Präsidium einen Auftrag. Die Mitglieder beauftragen den Vorstand und das Präsidium, in den weiteren Verhandlungen sicherzustellen, dass die finanzielle Absicherung des Vereins mobifair für die nächsten Jahre gewährleistet wird, damit die gute Arbeit weiter fortgesetzt werden kann. Der Antrag wurde einstimmig beschlossen.
Das Schlusswort des Präsidenten Reiner Bieck stimmte nachdenklich, „Die Zeiten werden nicht einfacher, doch die Aufgabe bleibt, helles Licht in die dunklen Ecken der Verkehrsbranche zu bringen. Helles Licht setzt voraus, dass Energie da ist, Energie setzt voraus, dass Menschen da sind. Menschen arbeiten und Arbeit muss bezahlt werden. Dass die Menschen, die tagtäglich in der Branche arbeiten, mehr leisten als das, was sie zum Teil vergütet bekommen und unter welchen Umständen sie dies tun, das haben wir hier heute gehört.“ mobifair wird sich weiterhin für diese Menschen einsetzen. Ordentliche Arbeit muss auch ordentlich vergütet und wertgeschätzt werden.