Seit über einem Jahr arbeitet mobifair nun eng mit dem neuen Verein Sozialmaut e. V. zusammen, um die Sozialbedingungen von LKW-Fahrer*innen, die teils zu unmenschlichen Bedingungen monatelang quer durch Europa fahren, zu verbessern. Solange zu Dumpingkonditionen Güter über die Straße rollen, hat die Schiene erst recht kaum eine Chance, die Verlagerungsziele zu erreichen. Doch zurück zu den katastrophalen Zuständen im Straßengüterverkehr.
Die EU hatte bereits Juli 2020 ein sogenanntes Mobilitätspaket verabschiedet, das vieles auch im Sozialbereich verbessern sollte. Seit Februar 2022 ist dies nun in der EU in Kraft, doch in Deutschland ist das Paket noch nicht umgesetzt und einige Länder klagen bereits vor dem Europäischen Gerichtshof gegen das Gesetzespaket. Wo Geld zu verdienen ist, geht das soziale Gewissen wie so oft auf Tauchstation!
Kernpunkte des Mobilitätspaketes sind aus Sicht des Dachverbandes der Europäische Transportarbeiter-Föderation ETF und mobifair folgende:
– Rückkehrpflicht der eingesetzten Fahrzeuge zum Ort der Niederlassung
– Verbot, die reguläre Wochenruhezeit im Fahrzeug zu verbringen
– Möglichkeit der Fahrerinnen und Fahrer, regelmäßig an ihren Wohnsitz und die Betriebsstätte des Unternehmens zurückzukehren
– Sichere Parkplätze
– Intelligente Fahrtenschreiber
Die Bundesregierung plant nun, die EU-Straßenverkehrsrichtlinie in Deutschland endlich umzusetzen. Ziel soll ein fairer Wettbewerb auf der Straße und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten sein. Wie zu erwarten war, scheiden sich bei der Bewertung des Vorhabens die Geister. In einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales ist der Gesetzesentwurf „zur Regelung der Entsendung von Kraftfahrern und Kraftfahrerinnen im Straßenverkehrssektor und zur grenzüberschreitenden Durchsetzung des Entsenderechts“ bei den Experten völlig unterschiedlich bewertet worden.
Das Beratungsnetzwerk „Faire Mobilität“ bemängelte in der Anhörung, der Gesetzesentwurf sei viel zu kompliziert. Eine rumänische Gewerkschafterin konnte zudem über die schlimmen Arbeitsbedingungen der LKW-Fahrer*innen berichten. Die Ausführungen zu den unmenschlichen Arbeits- und Lebensbedingungen unterstützte und bekräftigte Stefan Thyrocke (ver.di) im Namen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Diese Verhältnisse seien in wesentlichen Teilen der gesamten Branche üblich und auch beim Transit werde den Fahrer*innen der Mindestlohn vorenthalten. Edwin Atema, Gewerkschafter aus den Niederlanden, der die georgischen und usbekischen Lkw-Fahrer beim Streik in Gräfenhausen unterstützte, verdeutliche mit seinen Erfahrungen die prekäre Situation der Menschen in der Branche.
mobifair sieht diese Menschen im Mittelpunkt. Es muss schnell etwas passieren, damit den Fahrer*innen in ihrem tagtäglichen Leben geholfen wird. Schutz vor Ausbeutung und Entlastung, der durch Druck und Angst entsteht. Erhöhte Kontrollen sind notwendig. Die Rahmenbedingungen müssen aber in erster Linie den Menschen hinter dem Lenkrad dienen.