Es hat lange gedauert. Nachdem der Bundestag im Dezember vergangenen Jahres den Gesetzesentwurf zum Schutz von Hinweisgebern verabschiedet hatte, stellten sich die konservativ geführten Bundesländer im Bundesrat quer. Damit konnte das wichtige Gesetz zum Schutz von Menschen, die Gesetzesverstöße ihrer Unternehmen nicht mehr decken wollten, nicht umgesetzt werden.
CDU und CSU wollten die beabsichtigten Regelungen deutlich aufweichen. mobifair berichtete hierzu bereits.
Nachdem zunächst geplant war, ein neues Gesetz zu verabschieden, was nicht die Zustimmung des Bundesrates benötigte, wurde dann doch über eine gemeinsame Lösung verhandelt, denn ohne diese hätte es unterschiedliche Bedingungen im Bund und in den Ländern gegeben.
Am 12. Mai 2023 hat dem Kompromiss nun auch der Bundesrat zugestimmt. Mitte Juni wird das Gesetz nun nach Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten in Kraft treten.
Mit dem jetzt gefundenen Ergebnis wurden jedoch leider wichtige Punkte zurückgedreht. Der Erfolg der konservativen Parteien bedeutet einen schlechteren Schutz der Arbeitnehmer*innen und geringere Bußgelder bei Verstößen. Für mobifair bedeutet das noch mehr Bedarf an Aufklärung und Unterstützung der Kolleginnen und Kollegen, die von ihren Arbeitgebern zum Wegschauen oder zu Gesetzesverstößen gezwungen werden.
Ein wichtiger Baustein bei solchen Meldungen ist, dass die Identität der Meldenden geschützt wird. Die Verpflichtung, diesen anonymen Meldungen nachzugehen, wurde allerdings deutlich aufgeweicht.
Ein zweiter wichtiger Baustein war ein Benachteiligungsverbot im Falle von Meldungen. Vorgesehen war, dass Arbeitgeber beim Vorwurf von Benachteiligungen belegen sollten, dass eine solche Benachteiligung nicht stattgefunden hat. Dies ist nun vom Tisch. Stattdessen müssen Arbeitnehmende solche Benachteiligungen selbst beweisen. Doch das war in der Vergangenheit bereits enorm schwierig und wird dafür sorgen, dass Viele lieber wegschauen und den Mund halten werden, aus Angst vor Jobverlust oder Mobbing.
Letztlich wurden die Bußgelder für Arbeitgeber halbiert. Damit ist dann endgültig deutlich, welches Klientel die beiden konservativen Parteien vertreten. Das Hinweisgeberschutzgesetz ist an wichtigen Stellen zum „Arbeitgeberschutzgesetz“ degradiert worden. Das ist peinlich und beleidigend all den Menschen gegenüber, die ihren Mut zusammennehmen und Missstände aufdecken wollen.
Um so mehr wird sich mobifair Mühe geben, die Steine, die den Kolleginnen und Kollegen in den Weg gelegt werden, zur Seite zu schieben und Meldungen im Sinne des Gesetzes durchzusetzen. Jede und Jeder wird bei uns Schutz bekommen. Wir werden die Meldungen bewerten und die Wege aufzeigen. Wir nehmen die Kolleginnen und Kollegen an die Hand und begleiten sie von der Vorbereitung bis zum Abschluss der Meldungen und auch danach, falls es zu Repressalien durch den Arbeitgeber kommt.
Ebenfalls bauen wir ein Schulungskonzept für Betriebsräte gemeinsam mit der EVA-Akademie auf, um diese zum Umgang mit dem neuen Gesetz zu schulen. In Unternehmen über 250 Beschäftigten müssen nun umgehend sogenannte interne Meldestellen geschaffen und dazu Betriebsvereinbarungen abgeschlossen werden. In Betrieben zwischen 50 und 250 Beschäftigten gibt es eine Frist bis zum Ende dieses Jahres.
Leider verfügen wir noch nicht über eine sogenannte konsolidierte Fassung des neuen Gesetzes. Im beigefügten Link befindet sich das Änderungsgesetz zum ursprünglichen Gesetzesentwurf sowie der gesamte Vorgang. Sobald wir über die endgültige Fassung verfügen, werden wir sie ebenfalls zur Verfügung stellen.