Der gewerkschaftsnahe Verein mobifair e.V. sieht eine Gefährdung des Systems Schiene und spricht von unsicheren Zugfahrten. In einem Schreiben wendet sich mobifair an den bahnpolitischen Sprecher der Bundesregierung, Staatssekretär Enak Ferlemann und fordert ein Umdenken, das insbesondere für die Zulassungen und Kontrollen von Eisenbahnunternehmen und deren Dienstleistern notwendig ist.
„Das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) hat in den letzten Jahren mehr Stellen für den Ablauf des Eisenbahnbetriebes zugelassen, als die Behörde überhaupt in der Lage ist zu kontrollieren“, meint Helmut Diener, Vorsitzender von mobifair. Bereits die Ausbildungsschulen liefern nicht immer beste Qualität. Sie nutzen die Fördermaßnahmen der Bundesagentur für Arbeit für die Kurzausbildungen zum Lokführer, um damit viel Geld zu verdienen. Das führt dazu, dass der eigentliche Ausbildungsberuf zum Lokführer immer mehr in den Hintergrund gerät und dem Berufsbild ein großer Schaden zugeführt wird. Eine weitere Ursache für unsichere Zugfahrten sieht mobifair in der hohen Zahl der sogenannten Personaldienstleister, die per Werkvertrag Lokführer in die Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) „verleihen“.
Nach Recherche von mobifair gibt es derzeit in Deutschland rund 120 solcher Dienstleister, die vom EBA nicht erfasst werden. Es ist auffallend, dass insbesondere Züge, die mit solchen Personalen unterwegs sind, sich weniger an die Regeln des Arbeitsschutzes halten. Immer mehr Lokführer von Personaldienstleistern melden sich bei mobifair und berichten über ihre viel zu langen Ausbleibe- und Arbeitszeiten. Sie beschweren sich über die Nichteinhaltung von vorgeschriebenen Pausen, über nicht durchgeführte notwendige Personalwechsel auf der Strecke, über unhygienische Unterbringungen oder über die Nichtgewährung von vorgeschriebenen Dienstunterrichten für die Sicherheit im Bahnbetrieb. Oftmals sind diese Lokführer fünf Stunden in Fahrgastfahrt unterwegs, um zu ihrem Zug, den sie übernehmen sollen, zu kommen. „Ausgeruht geht man da nicht in die Schicht“, so Diener.
Das EBA betont häufig, dass es für die Kontrolle des sozialen Arbeitsschutzes nicht zuständig sei. Dafür stehen die Landesarbeitsschutzbehörden oder die Gewerbeaufsichtsämter in der Verantwortung. „Ein Unding“, meint mobifair. Wie will denn ein Gewerbeaufsichtsamt einen Lokführer kontrollieren, der keine Fahrerkarte oder digitalen Fahrtenschreiber an Bord hat. Der Zug fährt quer durch Deutschland. Soll beispielsweise das Gewerbeaufsichtsamt mit Sitz am Startbahnhof in Oberhausen den Lokführer nach seiner Ankunft in München nach 14-stündiger Zugfahrt kontrollieren. Das kann so nicht funktionieren.
Schon deshalb ist es notwendig dem EBA die Verantwortung der Kontrolle des sozialen Arbeitsschutzes zu übertragen. Wenn die Verantwortung für eine Zugfahrt bei den Eisenbahnverkehrsunternehmen liegt und das EBA hier nur die Regeln verwaltet, dann wird es notwendig sein das System anzupassen. So fordert es mobifair von der Politik.
Dazu gehört, dass nur dann ein Unternehmen einen Anspruch auf Fördergelder des Bundes bei Ausbildungen erhält, wenn es nachweisen kann, selbst über 50 Prozent seines Personalbedarf mit der klassischen dualen Berufsausbildung zu rekrutieren. Weiter fordert mobifair, dass aus Sicherheitsgründen im Zugverkehr nur das Unternehmen einen Zug fahren darf, welches für den Transportauftrag Verantwortung trägt und die Zugfahrt mit direkt im Unternehmen beschäftigen Personal sicherstellt.
„Das EBA ist eine wichtige Behörde, auf die uns andere Länder neidisch sind. Um nicht in einen Verwaltungssumpf zu verfallen ist eine Anpassung der Ausrichtung und der Aufgaben dringend notwendig“, so mobifair.
Hier geht es zum Schreiben an Staatssekretär Enak Ferlemann.