Das britische Unternehmen Go-Ahead Bayern wird ab Dezember 2021 den Personenverkehr auf der Bahnstrecke München-Memmingen-Lindau übernehmen. Doch es gibt ein großes Problem: Eigentlich war mit dem Schweizer Unternehmen Stadler eine Lieferung von 22 Zügen des Typs Flirt vereinbart. Doch nun weigert sich Stadler die Züge auszuliefern.
Der Grund dafür ist, dass Go-Ahead die Wartung der Züge von dem Unternehmen Transmash Holding International (TMHI) durchführen lassen möchte. Das Mutterunternehmen Transmashholding ist einer der größten Fahrzeughersteller Russlands. Stadler sieht darin einen direkten Konkurrenten und betont laut Medienberichten: „Der bestehende Vertrag untersagt, die Wartungsleistungen an einen Wettbewerber von Stadler zu übergeben.“ Die Vertragsbedingungen seien somit seitens Go-Ahead nicht erfüllt worden.
Außerdem wird das russische Unternehmen TMH International mit diesem Auftrag das erste Mal auf dem deutschen Bahnmarkt aktiv: Für die Wartung der Go-Ahead Züge wird für 40 Millionen Euro eine Werkstatt in Langweid bei Augsburg gebaut. Stadler befürchtet, dass es sich um Industriespionage handeln könne.
Go-Ahead betont hingegen, dass Wartungen dieser Art heutzutage üblich seien und meint, „dass Stadler die Züge und die dazugehörigen Wartungsdokumente nicht wie vertraglich vereinbart übergeben will“.
Die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) beobachtet die Differenzen der beiden Unternehmen und fordert eine umgehende Einigung. Für den Fall, dass eine Einigung nicht gelingen sollte, fordert die BEG eine Alternativlösung von Go-Ahead.
Patrick Verwer, Geschäftsführer von Go-Ahead Deutschland betont, dass das Unternehmen dennoch ab Dezember 2021 den Betrieb der Strecke aufnehmen werde.
Trotz Uneinigkeiten seien beide Parteien grundsätzlich zu weiteren Gesprächen bereit.
mobifair meint: „Damit ist der Arbeitsplatzklau nun auch in der Instandhaltung angekommen – nach Sicherheitsleistungen und Zugbegleitdienst. Unser Grundsatz ,Selber machen‘ muss auch für die Werkstatt gelten. Eisenbahn darf keine Plattform werden. Außerdem muss hinterfragt werden, zu welchen Bedingungen das russische Unternehmen seine Arbeitnehmer beschäftigt. Ist die Wartung etwa so viel günstiger, dass es sich lohnt, dafür die Betriebsaufnahme im Dezember zu riskieren? Solchen Entwicklungen müssen die Aufgabenträger einen Riegel vorschieben: Durch den Schutz und die Schaffung von direkten Arbeitsplätzen schon bei der Ausschreibung.“