In den aktuellen Tarifverhandlungen für Hessens Busfahrerinnen und Busfahrer zwischen dem Landesverband Hessischer Omnibusunternehmen LHO und ver.di gehen die Positionen weit auseinander. Der hessische Rundfunk berichtet, dass in einer Urabstimmung 99,5 % der Busfahrer für unbefristete Streiks ausgesprochen haben. Am Donnerstag geht es in die nächste Verhandlungsrunde. Die Forderungen der ver.di umfassen 23% Lohnerhöhung in diesem Jahr, fünf Tage mehr Urlaub sowie zwei Tage Sonderurlaub für ver.di-Mitglieder und die Erhöhung der bezahlten Pausenzeiten. Volker Tuchan, Geschäftsführer des LHO und Verhandlungsführer der Busunternehmen sieht mit dem Angebot der Arbeitgeberseite, mit ca. 3% Lohnsteigerung pro Jahr, die finanziellen Spielräume ausgereizt.
Zu diesem Thema ein Kommentar von Klaus Schroeter, Tarifkoordinator ver.di
LHO verweigert zeitgemäße Löhne
13,50 Euro Stundenlohn für den Busfahrer, der für 100 Fahrgäste Verantwortung trägt- das ist der aktuelle Stand im Tarifvertrag für den privaten Omnibusverkehr in Hessen. Je nach Betriebszugehörigkeit kann der Lohn auf bis zu 14,28 Euro steigen. Im Verhältnis zu den umliegenden Tarifverträgen ist das viel zu wenig, besonders für die Verantwortung, die die Busfahrerinnen und Busfahrer tragen. Ver.di fordert eine Erhöhung auf 16,60 Euro, um den Beruf attraktiv zu machen.
Die Reaktion des Arbeitgeberverbandes LHO hat einen langen Bart und führt uns zurück in die Zeit der Tarifverhandlungen der letzten 120 Jahre: schon seit damals ist von den Arbeitgebern immer wieder behauptet worden, dass bei Umsetzung dieser und der übrigen Gewerkschaftsforderungen die Pleite zahlreicher Betriebe zu befürchten ist. Genauso kündigt es im Jahre 2019 der Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes, Herr Tuchan, wieder an. Richtiger wird es davon nicht.
Überraschenderweise benutzt der Arbeitgeberverband LHO die gemeinsam mit den öffentlichen Auftraggebern verankerte Preisgleitklausel „Hessen Index“, um sein Angebot von zwölf Prozent in vier Jahren zu begründen. Der LHO sieht keinen Nachholbedarf und will nicht erkennen, dass das private Omnibusgewerbe in Hessen besonders schlechte Löhne zahlt. Die deutlich besseren sonstigen Tarifregelungen des Tarifvertrages Nahverkehr in Hessen werden vom Arbeitgeberverband mit keinem Wort erwähnt, die angeführte Preisgleitklausel ist nur durch den Gesamtabschluss des TV-N und die Zusicherung einer Erhöhung der öffentlichen Finanzierung verständlich.
Weiterhin fordert ver.di endlich 30 Arbeitstage Urlaub in der Fünftagewoche, zwei zusätzliche Urlaubstage für ver.di Mitglieder sowie einen maximalen Pausenabzug von 30 Minuten pro Dienst. Also ganz übliche Forderungen in der modernen Arbeitswelt!
Gerade der Pausenabzug ist für die Fahrerinnen und Fahrer besonders wichtig. Damit wird der Willkür der Arbeitgeberseite Einhalt geboten, insbesondere in ländlichen Bereichen überlange Dienste mit langen, unbezahlten Pausen an den Wendestellen vorzugeben. Mit einem maximalen Pausenabzug von 30 Minuten wird der Anteil der produktiven Arbeit im Interesse beider Seiten vergrößert, die Arbeitgeber müssen sorgfältiger planen, die Fahrer erhalten endlich ihre Dienstzeit bezahlt!
Die Forderungen von ver.di sollen den Abstand zu den vergleichbaren Tarifverträgen der umliegenden Bundesländer vermindern, um den Beruf auch in Hessen attraktiv zu machen. In Baden-Württemberg erhalten die Busfahrer in der Vergleichsgruppe bereits seit März 2019 ein Stundenlohn von 16,60 Euro.
Und ganz offensichtlich gibt es auch in Hessen Bedarf an Busfahrern:
Auf der Internetseite des hessischen Arbeitgeberverbandes findet man unter „Brancheninfos“ die Werbung für die Arbeitgeberinitiative „Werd Busfahrer“. Dafür gäbe es ja keinen Bedarf, wenn die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung so gut wären, dass auch unter den Tarifbedingungen des LHO Busfahrer problemlos gefunden werden könnten!
Auch im Saarland hat es in den letzten Monaten eine mit Streiks begleitete Tarifrunde gegeben, wodurch ein guter Abschluss erzielt werden konnte.
Wie schon in der letzten Tarifrunde mit dem LHO geht ver.di davon aus, dass es entweder ein vernünftiges Ergebnis am Ende der Verhandlungen gibt oder Arbeitskampfmaßnahmen geführt werden müssen, um die Arbeitgeber zum Einlenken und zur tariflichen Absicherung der geforderten Regelungen zu bringen. In der letzten Tarifrunde ist es ver.di gelungen, auf die Bedeutung des öffentlichen Personennahverkehrs hinzuweisen. Angesichts der Diskussion um Klimaschutz und innenstädtische Verkehre ist das Verständnis der Bürgerinnen und Bürger für die Verweigerungshaltung des LHO nur sehr gering.
Ver.di hofft, dass der LHO bei den weiteren Verhandlungen Zugeständnisse macht, um einen zeitgemäßen Tarifvertrag zu vereinbaren.
Wenn nicht, wird die ver.di Tarifkommission die nötigen Schlüsse daraus ziehen.