Wenn Fördermaßnahmen der Bundesagentur für Arbeit mit dem Anreiz Lokführer zu werden zum Geschäftsmodell werden, dann muss man nachdenklich werden, meint der Verein mobifair und hat sich an den Bundesrechnungshof gewandt. Geht es letztendlich um 18,5 Millionen Euro, die nach Berechnung von mobifair allein 2018 „in den Sand und nicht auf die Schiene gesetzt“ wurden. Gerechnet von 2013 ab wären dies sogar über 50 Millionen Euro, so Helmut Diener, Vorsitzender dieses gemeinnützigen Vereins, der sich um einen fairen Wettbewerb in der Mobilitätswirtschaft kümmert.
Die Zahlen erhielt mobifair vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales. So nahmen im Jahr 2018 insgesamt 1.718 Personen an einer geförderten beruflichen Weiterbildung zum Lokführer teil. Man spricht hier von Bildungsgutscheinen. Nur 1.012 schlossen diese Maßnahme erfolgreich ab und gerade mal 764 Personen blieben nach sechs Monaten noch im Beruf. Das sind nur 44,5 Prozent. Seit 2013 bis März 2019 wurden an Fördermitteln für die Lokführerausbildung über 120 Millionen ausbezahlt. Gewinner sind die Ausbildungsstellen. Deren Anzahl ist schnell gewachsen, „es gibt ja was zu holen“, stellt mobifair fest. Gab es zur Zeit der Deutschen Bundesbahn noch drei oder vier, sind es derzeit über 125. „Da zählt nicht mehr die Qualifikation“, so Diener, da zählt die Menge der von den Unternehmen oder von den Arbeitsagenturen zugeführten Menschen ohne sozialversicherungspflichtiges Einkommen.
Überall werden dringend Lokführer gesucht. Auch für andere Eisenbahnberufe ist der Bedarf groß. Da mit den Bildungsgutscheinen der Staat weitestgehend die Ausbildung zahlt, machen sich einige Eisenbahnverkehrsunternehmen das zum Nutzen und bilden nicht mehr auf eigene Kosten aus. Berufswechsler lassen einige Bahnunternehmer links liegen, die externen Ausbildungsstellen sowieso. Das ist beschämend meint der mobifair-Vorstand und fordert: „Wer nicht selbst für Ausbildung zahlt darf auch keinen Anspruch auf Förderung haben.“
mobifair nennt zwei Beispiele: So hat sich ein Busfahrer zweimal erfolglos als Zugbegleiter beworben. Das Unternehmen lehnte ihn ab, weil er keinen Bildungsgutschein hatte, den er aber auch nicht bekam, weil er im Besitz eines Busführerscheins ist und Busfahrer werden auf dem Markt dringend gesucht. Ein weiteres Beispiel zeigt auf, dass sogar Eisenbahnern ein Wechsel verwehrt bleibt. Eine Zugbegleiterin aus Bayern wollte nach Nordrhein-Westfalen ziehen und als Lokführerin in einem dort ansässigen Unternehmen umschulen. Man ließ sie wissen, dass dies ohne Bildungsgutschein nicht möglich sei und „außerdem sei sie wegen ihrer Vorkenntnisse als Eisenbahnerin überqualifiziert für eine solche Ausbildungsgruppe“. „Jetzt wird es gefährlich“, so Diener. Mitunter könnte das auch heißen, dass hier die Qualifikation der von der Bundesagentur für Arbeit geförderten Bewerber Mängel aufweist. Das Eisenbahn-Bundesamt wäre hier gefordert.