Immer öfter bedient man sich sogenannter „Fremdpersonale“. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Personaldienstleistern oder anderen Unternehmen. Die einen nutzen dieses Angebot um Leistungsspitzen abzudecken, andere um Lohnkosten zu sparen. Keine Krankheits- oder Urlaubstage, kein Rumgemecker, kein Betriebsrat, keine Personalverwaltung. Aber aufgepasst! Der Einsatz von Fremdpersonalen kann auch teuer werden. Wer bezahlt, wenn etwas schief geht? Die Personaldienstleister, von denen es nach mobifair-Recherchen in der Eisenbahnbranche rund 140 allein in Deutschland gibt. Nein, die haften nicht bei „Schlechtleistungen“. Die Verantwortung bleibt beim Besteller selbst, so auch die Haftung. Die Frage der Verantwortung bleibt aktuell und wichtig.
Die Rechtsanwaltskanzlei Niekamp ist spezialisiert auf Eisenbahnrecht und hat sich in ihrem aktuellen Newsletter dieser Thematik angenommen.
Newsletter vom 07.05.2019
Haftung von Eisenbahnen – Verleiher von Triebfahrzeugführern haftet nicht für dessen Schlechtleistungen, auch nicht für Schlechtleistungen von Praktikanten oder geschäftsführenden Firmeninhabern Aktuelle Rechtsprechung des VG Hamburg und des OLG Dresden
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Sehr geehrte Damen und Herren,
Arbeitnehmer, gern auch Fachkräfte genannt, sind heutzutage schwer zu finden. Dies gilt auch für Auszubildende. Davon ist auch der Eisenbahnsektor stark betroffen. Dies macht manche Eisenbahnen „erfinderisch“, indem anderen Eisenbahnen das Personal zu Tausenden abgeworben werden soll und damit auch noch medienwirksam geprahlt wird (vgl. Newsletter vom 17.04.2019). Andere Eisenbahnen setzen Fremdpersonale unbewusst bzw. irrtümlich in der Annahme oder rechtsirrig in der Absicht ein, für Schlechtleistungen der Fremdpersonale nicht haften zu müssen, etwa weil fremde Triebfahrzeugführer „Zugförderleistungen“ erbringen würden, für die das Unternehmen des Triebfahrzeugführers haften müsse; wir haben über solche untauglichen Vertragsgestaltungen mehrfach berichtet (vgl. Newsletter vom 31.03.2011, vom 05.04.2016 und vom 10.05.2017). Nach der zutreffenden und inzwischen auch bezüglich der Eisenbahnpersonale sehr umfangreichen Rechtsprechung haften Unternehmen nicht für Schlechtleistungen ihrer Personale, wenn diese Unternehmen tatsächlich lediglich die Überlassung der Personale schulden und die Personale in der Verantwortung und auf Weisung der Eisenbahnunternehmen (vgl. SMS, EBV, VDV 753/TfV) tätig werden (vgl. OLG Köln, +++; OLG Frankfurt a.M., +++; LG Hamburg, +++; VG Köln, +++).Dies hat nun auch das VG Hamburg (vgl. VG Hamburg, +++) in einem Fall entschieden, in dem ein Personalverleiher, der über eine Genehmigung gem. § 6 AEG verfügte, einem EVU einen Rangierlokführer und einen Praktikanten überlassen hatte. Obwohl der Praktikant lediglich zum Zweck der Ausbildung zum Wagenmeister überlassen war, steuerte der Praktikant mit Zustimmung des Rangierlokführers die Rangierabteilung, allerdings durch einen Prellbock einen Abhang hinunter auf eine Straße. Durch den erforderlichen Feuerwehreinsatz entstanden Kosten, die die Stadt Hamburg nicht beim EVU, sondern beim Arbeitgeber der handelnden Personale mit der unzutreffenden Behauptung einforderte, der Arbeitgeber sei für das Tun der Personale verantwortlich. Dieser Auffassung schloss sich das VG Hamburg aus den eingangs dargestellten Gründen heraus nicht an, weil nach den tatsächlichen Arbeitsabläufen das EVU die Rangierverkehre durchführte, und zwar mit Zustimmung des Eisenbahninfrastrukturunternehmens, mit eigenen Fahrzeugen, mit Weisungsbefugnis des Eisenbahnbetriebsleiters und nach Ausstellung des Beiblatts für den Triebfahrzeugführer. Der Personalverleiher schuldete lediglich die Personaldisposition, was lediglich eine arbeitsrechtliche Pflicht des Arbeitgebers darstellt, und war daher auch nicht für das pflicht- und gesetzeswidrige Führen eines Triebfahrzeugs durch den Praktikanten, der nicht über eine Fahrberechtigung verfügte, verantwortlich.Auch das OLG Dresden (vgl. OLG Dresden, +++) lehnte die Verantwortung eines Verleihers für Schlechtleistungen eines Triebfahrzeugführers aus den dargelegten Gründen in einem Fall ab, in dem ein geschäftsführender Gesellschafter des verleihenden Unternehmens auf der Grundlage eines Arbeitnehmerüberlassungs- und/oder Dienstverschaffungsvertrages zum Einsatz kam und einen Schaden verursachte. Das Besondere an diesem Fall war: Zwar sei der geschäftsführende Gesellschafter kein Arbeitnehmer i.S.d. § 1 AÜG. Allerdings sei auch der geschäftsführende Gesellschafter lediglich auf der Grundlage des Vertrages, der hinsichtlich des Einsatzes des geschäftsführenden Gesellschafters nicht als Arbeitnehmerüberlassungsvertrag sondern als Dienstverschaffungsvertrag zu bewerten ist, zum Einsatz gekommen, weshalb für den Einsatz des geschäftsführenden Gesellschafters dieselben Haftungsregelungen gelten wie für den Einsatz von Arbeitnehmern. |