mobifair fordert, bei öffentlichen Ausschreibungen im Personennahverkehr als zwingendes Kriterium sozialen Schutz für die Beschäftigten bei Betreiberwechseln aufzunehmen. Dieses Kriterium muss eine höhere Bewertung finden als der Preis. Gut ausgebildete und tarifgeschützte Beschäftigungsbedingungen garantieren auch eine hohe Qualität der Leistungserbringung. Verschiedene Tariftreuegesetze der Bundesländer enthalten bereits ähnliche Vorschriften. Dem Frankfurter Verein geht das aber noch nicht weit genug. Der Vorsitzende Helmut Diener bezeichnet die derzeitigen Regelungen, dass im Busverkehr der Besteller der Verkehrsleistung einen geschützten Personalübergang ohne Verluste der Lohn- und Sozialstandards jedes einzelnen Beschäftigten vorschreiben „kann“ und im Schienenverkehr vorschreiben „soll“ als unverständlich und respektlos gegenüber den Menschen, die bislang diese Arbeit vollbracht haben. Nötig sei für alle Bereiche ein klares, im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen festgeschriebenes „Muss“.
Diener: „Wenn der Wettbewerb den Menschen dienen soll, dann muss das auch für die Menschen gelten, die die Arbeit machen. Es muss geregelt werden, dass bei einem Betreiberwechsel im Nahverkehr das Personal mindestens zu den bisherigen Lohn- und Sozialstandards weitermachen kann.“ Die neue Bundesregierung habe im Koalitionsvertrag diesen Forderungen nicht ausreichend Rechnung getragen. „Da ist noch Luft nach oben“, urteilt Diener.
Oftmals würden derzeit lediglich Mitarbeiter aus Berufsgruppen, in denen Personalmangel herrscht, wie zum Beispiel Lokführer, übernommen. Es gehe aber auch um die Kundenbetreuer, die Werkstatt- und Vertriebsmitarbeiter oder die Disponenten. „Nahverkehr ist kein Selbstbedienungsladen, bei dem man sich aus dem Regal nimmt, was man braucht. Nahverkehr braucht geordnete Strukturen – auch beim Personal“, so der mobifair-Vorsitzende.
Es dürfe außerdem nicht zugelassen werden, dass Berufsfelder an Drittunternehmen ausgelagert würden, nur um billig einzukaufen. Um den nötigen Service, die Sicherheit und die technische Kompetenz zu gewährleisten, bedürfe es gut ausgebildeten und qualifizierten eigenen Personals.
Bis zum Jahr 2020 stehen alleine im Schienenpersonennahverkehr 63 Ausschreibungen an, teilt mobifair mit. Es müsse sichergestellt werden, dass soziale Standards eingehalten würden. Diener: „Es gibt kein Argument dafür, dass der Schutz der Beschäftigungsbedingungen einen geringeren Stellenwert einnehmen muss als der Faktor Preis“. Fairer Wettbewerb funktioniere nur mit einem gesicherten Personalübergang bei Betreiberwechseln.
Das beste Beispiel, dass eine Auftragsvergabe wegen Personalmangel zu scheitern droht, zeigt derzeit Baden-Württemberg. Hier ist die Betriebsaufnahme der Stuttgarter Netze stark gefährdet, weil der zuständige Minister auf einen geschützten Personalübergang verzichtet hat. Kaum ein Beschäftigter vom Altbetreiber DB Regio AG ist bereit, zu den ab 2019 beauftragten Neubetreibern der SPNV-Verkehre zu wechseln. Es steht die Frage im Raum: „Wer will denn schon nach gut geleisteter Arbeit von Null anfangen?“