Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschafsforschung DIW und der Universität Potsdam kommt zu dem Ergebnis, dass der gesetzliche Mindestlohn noch lange nicht allen Beschäftigten gezahlt wird, die Anspruch darauf haben. Im ersten Halbjahr 2016 verdienten nach Angaben der Studie 1,8 Millionen Arbeitnehmer weniger als die damals geltenden 8,50 Euro.
Das legt nahe, dass die Unternehmen so genannte „Umgehungsstrategien“ nutzen. So werden beispielsweise Bereitschaftszeiten nicht gezahlt, Arbeitsmaterialien vom Lohn abgezogen oder „inoffizielle“ Arbeitszeitvereinbarungen getroffen. Die DIW-Forscher haben deshalb nicht nur die vertragliche sondern auch die reale Arbeitszeit erfragt. Auf Basis dieser Angaben wären es sogar 2,6 Millionen Beschäftigte, die nicht den gesetzlichen Mindestlohn erhalten.
„Es wird den Unternehmen viel zu leicht gemacht, die Bestimmungen zu torpedieren“, urteilt Helmut Diener von mobifair. Sein Verein fordert seit langem wirksamere Kontrollen, um Lohn- und Sozialdumping ein Ende zu bereiten.
Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund will mehr Überprüfungen. Bundesvorstandsmitglied Stefan Körzell sagte, die Kontrolldichte müsse erhöht und die Finanzkontrolle Schwarzarbeit beim Zoll deutlich aufgestockt werden. Die geltenden Dokumentationspflichten ließen zudem zu viel Spielraum für Manipulationen. Körzell: „Das schadet den Beschäftigten, führt zu Einnahmeausfällen bei den Sozial- und Steuerkassen, bedeutet aber auch Schmutzkonkurrenz für die Unternehmen, die sich korrekt verhalten. Es muss daher das Interesse aller Redlichen in dieser Gesellschaft sein, diesem Betrug wirksam einen Riegel vorzuschieben“.
mobifair meint: „Wer beim Mindestlohn bescheißt, gehört auf eine black list. Jeder der Aufträge vergibt, sollte sich davon überzeugen, wer es ernst meint mit gerechten Sozialstandards. Es ist an der Zeit, den Mindestlohn aus Armutsgrenze zu führen. Eine Erhöhung auf 12 Euro ist dringend notwendig. Das werden alle ‚überleben’“.