Wer sind die Unternehmen, die verantwortlich dafür sind, dass Lkw-Fahrer auf Rastplätzen campieren, wochen- und monatelang ein Nomadenleben führen müssen? Wer engagiert die Sub-Unternehmen, die für Billiglöhne ausländische Fahrer einsetzen, um die Mindestlöhne in westeuropäischen Ländern nicht zahlen zu müssen? Welche Waren sind da unterwegs? Ganz offensichtlich auch solche, deren Hersteller sich selbst ein sauberes und gesellschaftlich anerkanntes Image verpasst haben. Ein BBC-Bericht legt offen, dass zum Beispiel Ikea – das sich auf der eigenen homepage als „werteorientertes Unternehmen“ bezeichnet – zu den Profiteuren des Lohndumpings gehört. Wie die BBC berichtet, verdienen Lkw-Fahrer aus osteuropäischen Ländern, die Ikea-Waren durch West-Europa fahren, weniger als 3,40 Euro pro Stunde.
Da sind selbstverständlich weder ordentliche Mahlzeiten noch Übernachtungen in einer festen Unterkunft drin. Ein rumänischer Fahrer wird mit den Worten zitiert „sie lebten wie Gefangene“ im Lkw.
Europäische Gewerkschaften machen Front gegen den Möbelkonzern. Die Internationale Transportarbeiter Förderation ITF begrüßte den BBC-Bericht.
Jahrelang, so die ITF, hatten sich Gewerkschaften dafür eingesetzt, den für das Unternehmen arbeitenden Lkw-Fahrer/innen zu ihrem Recht zu verhelfen und die bestehenden Missstände an die Öffentlichkeit zu bringen. Ein internationales Bündnis von ITF-Gewerkschaften sei federführend daran beteiligt gewesen, die Lebensbedingungen der Fahrer/innen während der oft Monate dauernden Transporte von IKEA-Produkten in mehreren europäischen Ländern zu enthüllen. Die Gewerkschaften forderten IKEA auf, Verantwortung für die Ausbeutung in seiner Lieferkette im europäischen Straßentransport zu übernehmen. Der Leiter der ITF-Binnenverkehrssektion Noel Coard sagte, Ikea habe es in der Hand, die Misere der Lkw-Fahrer zu beenden. Auch die Spitze der Vertragskette müsse zur Rechenschaft gezogen werden denn die Transportunternehmen würden von dort aus unter Druck gesetzt.
Mittlerweile wurde ein Fall bereits gerichtlich geklärt. Das Bezirks-Gericht der Nord-Niederlande in Assen entschied gegen ein Vertragsunternehmen von Ikea, das aus Kostensenkungsgründen ausländisches Lkw-Fahrpersonal von Tochtergesellschaften einsetzte. Das Gericht kam zu dem Urteil, dass dieses Arrangement der Aushebelung des Niederländischen Kollektivvertrags diente. Die Löhne der ausländischen Kollegen lagen rund achtmal niedriger als der fällige gesetzliche Mindestlohn. Angestrengt hatte den Prozess die niederländische Gewerkschaft FNV, deren Vertreter der Ansicht sind, dass Ikea über die katastrophalen Bedingungen der Lkw-Fahrer seit langem informiert ist.
Laut BBC lautete die Stellungnahme des schwedischen Unternehmens „man nehme die Vorwürfe sehr ernst“. Außerdem gebe es „strenge Anforderungen“ an die Vertragspartner, was Löhne und Arbeitsbedingungen anbelange – die man auch regelmäßig überprüfe.
„Wie immer diese Überprüfungen ablaufen, offensichtlich wird dabei manches übersehen“, kommentiert mobifair-Vorstand Helmut Diener. „Vielleicht ist es an der Zeit, eine ‚schwarze Liste’ zu etablieren auf der zu lesen ist, welche Hersteller sich der Ausbeutung bedienen, um ihre Waren zu transportieren“.