Damit im grenzenlosen Europa nicht auch Sozialdumping und Sicherheitsrisiken im Bahnverkehr grenzenlos sind, hat die ETF Sektion Schiene mobifair zu ihrer jüngsten Sitzung nach Brüssel eingeladen, um gemeinsam über eine europaweite Kampagne für mehr Sicherheit im Eisenbahnverkehr zu beraten.
„Im Zuge der Liberalisierung ist in Europa ein Dschungel an Gesetzen und Vorschriften entstanden“, so mobifair-Vorstand Helmut Diener. Unklare Zuständigkeiten und mangelnde Kontrollen der Sozialstandards tragen dazu bei, dass im Preiswettbewerb tarifrechtlich geschützte Arbeitsplätze, der Arbeitsschutz, die Qualität der Berufsbilder und nicht zuletzt die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer bedroht werden. Das zeigen nicht zuletzt die Recherchen von mobifair. Hier braucht es daher – zusätzlich zu den nationalen Gesetzgebungen – einheitliche europäische Regelungen für Sozial- und Arbeitsstandards sowie effektive Kontrollen und Sanktionen bei Verstößen, denn „Sicherheit gibt es nicht ohne faire Arbeitsbedingungen“, so Diener weiter.
Die Kampagne könnte u.a. darauf abzielen, dass die europäischen Sozialpartner (auf der Arbeitgeberseite CER und auf der Arbeitnehmerseite die ETF) ihre bestehende Vereinbarung über die Arbeitsbedingungen im grenzüberschreitenden Verkehr erweitern, damit einheitliche Ausbildungsbedingungen und –Inhalte gelten, die ununterbrochene Fahrzeit auf der Lok – wie bei den LKW-Fahrern – auf 4:30 Stunden begrenzt wird, faire Löhne für alle Arbeitnehmer gezahlt werden, Leiharbeit in Bereichen mit betrieblichen Aufgaben verhindert wird und regelmäßige Kontrollen der Arbeits- und Sozialstandards durchgeführt werden. Daraus könnte dann eine allgemeinverbindliche EU-Richtlinie, z.B. durch Novellierung der Richtlinie 2005/47/EG, entstehen.
Eisenbahnverkehrsunternehmen, die sich zu solchen Mindeststandards verpflichten, könnten ein Prüfsiegel erhalten, mit dem sie sich von den schwarzen Schafen der Branche abheben könnten. Darüber hinaus sollten alle Triebfahrzeuge mit digitalen Tachografen und ihre Fahrer mit elektronischen Fahrerkarten ausgestattet werden, um die Arbeitszeiten, aber auch die Qualifikationen der Lokführer, überhaupt erfassen und kontrollieren zu können. Unterstützend ist eine europaweit erreichbare Dumping-Hotline mit nationalen Kontaktstellen bei den jeweiligen Gewerkschaften denkbar, bei der Verstöße gemeldet werden können.
Die Kampagne soll nun im Frühjahr 2016 weiter ausgearbeitet und konkretisiert werden, sodass sie parallel zur Europäischen Bürgerinitiative Fair Transport Europe laufen kann, da sich beide hervorragend ergänzen. Europa darf nicht zum Schauplatz von Ausbeutung und Sicherheitsmängeln im Eisenbahnverkehr werden.