Hintergrund und Bedarfsanalyse
Im Rahmen der Liberalisierung des Eisenbahnmarktes wurden viele Vorschriften nicht den neuen Marktentwicklungen gemäß weiterentwickelt, sondern sind in ihren Grundsätzen weiterhin an einem staatlichen Monopolisten orientiert. So gibt es mit Blick auf den Schienenverkehr – hier insbesondere der Güterverkehr – z. B. keine ausreichenden Kontrollen der vorgeschriebenen und notwendigen Aufgaben, die vor Abfahrt eines Zuges durchgeführt werden müssen. Beispielhaft nennen wir die erforderlichen Bremsproben.
Viele Regelungen unterliegen der Verantwortung der einzelnen Unternehmen, die diese intern festschreiben. Das führt allerdings auch zu der Situation, dass es Fahrdienstleitern und Fahrpersonal anderer Züge oftmals schwer fällt, Beobachtungen die eine mangelnde Sicherheit eines anderen Zuges nahelegen zu melden. Den Mitatrbeitern, auch wenn sie kritische Einschätzungen treffen, sind oftmals die Hände gebunden und sie müssen Zügen fahren lassen – oftmals mit einem unguten Gefühl im Bauch.
Die Rechercheergebnisse zum Thema „Tatort Führerstand“ zeigen weiterhin auf, dass insbesondere der Beruf des Lokführers als negatives Steuerungselement im Wettbewerb missbraucht wird. Da eine breite Tarifbindung und die Nachfrage nach Lokführern eine Senkung der Lohnstandards derzeit verhindert, versucht man immer mehr den Qualitätsanspruch des Lokführerberufes zu drücken. Zu weiche Gesetzesregelungen oder gar Lücken durch nicht ausreichende Kontrollen schaffen prekäre Arbeitsbedingungen, die sogar die Sicherheit im Schienenverkehr gefährden können. So insbesondere in der Regelung der Arbeitszeit allgemein und auf dem Führerstand. Oder in der Ausübung betrieblich und technisch notwendiger Aufgaben, wie zum Beispiel einer unzureichenden Durchführung von Bremsproben.
Ziel
Ein Ziel des Projektes ist es, Antworten auf die Frage zu finden, wie eine Erhöhung der Kontrolldichte prekären Arbeitseinsätzen Einhalt gebieten kann und wie vorhandene Gesetze den Bedürfnissen von sicheren Zugfahrten gerecht werden können bzw. angepasst werden müssen. Dabei ist es auch wesentlich, ein Instrument zu entwickeln, das prekäre Störmeldungen (z. B. Beobachtung einer unordentlichen oder zweifelhaften technischen Vorbereitung oder nicht ausreichender Sprachkenntnisse von Lokführern) ermöglicht. Dabei soll das gesamte Wettbewerbsumfeld Bahn untersucht werden und die gefunden Verstöße möglichst umfangreich dokumentiert werden. Der Blick soll sich dafür neben den Fahrdienstleitern auf das gesamte Fahrpersonal erstrecken.
Ein weiteres Ziel liegt in der Unterstützung der Formulierung und der Begleitung einer Gesetzesinitiative und deren Umsetzung als Ergebnis der Recherche Tatort Führerstand (Ausbildung, Arbeitszeit, Fahrerkarte, Lokführerschein, selbständige Lokführer). Dabei steht die rechtliche Absicherung von Beschäftigten im Fokus, die sicherheitsrelevante Versäumnisse zur Kenntnis bekommen. Hier müssen Handlungsoptionen und Verantwortlichkeiten klar abgegrenzt werden.
Dazu sollen die o.g. unterschiedlichen Sicherheitsstandards recherchiert und dokumentiert werden, um für eine einheitliche Umsetzung von Sicherheitsstandards werben zu können.