Ist die Piste oder die Zugfahrt unsicherer? Von Duisburg bis Kufstein in acht Stunden und 47 Minuten oder von Kufstein bis Osnabrück in neun Stunden und 53 Minuten. Auf der Lok und ohne Pause, versteht sich. Eine Fahrt mit dem Schnee-Express, der in den Wintermonaten für Müller-Touristik aus Münster unterwegs ist.
Mit an Bord sind verschiedene Sub-Unternehmen für Service- und Reinigungsleistungen.
Dabei auch eine Studentin, die nach eigener Auskunft für ihre Arbeitsleistung von Freitag elf Uhr bis Sonntag 15 Uhr 260 Euro verdient. Pausen gibt es nicht viele, außer in Kufstein, hier ist Gelegenheit, in der Zeit nach Ankunft des Zuges gegen 7:30 Uhr und Abfahrt des Zuges gegen 22 Uhr diese 260 Euro sauer verdientes Geld „auf den Kopf zu hauen“.
Ein Bordtechniker ist ebenfalls dabei, der berichtet, dass er bei solchen Sonderfahrten „kaum ein Auge zu machen kann“. Bei dieser Fahrt hat er gerade mal zwei Stunden Schlaf erwischt. Die Reisenden haben ihren Spaß. Ob in Liege- oder Schlafwagen oder im Gesellschaftswagen. Urlaub von Anfang an. Keine Gedanken, wer da betreut, zu welchen Konditionen und vor allem auch, wer den Zug fährt.
Im untersuchten Fall war es ein Lokführer eines Personaldienstleisters. Bestellt von einem Eisenbahnverkehrsunternehmen, das für die Müller Touristik GmbH den Auftrag erhielt, die Verantwortlichkeit der Zugfahrt zu übernehmen. Auch die für den Lokführer, der in Duisburg den aus Hamburg kommenden Sonderzug übernahm und diesen dann ohne Personalwechsel bis Kufstein fuhr. Acht Stunden und 47 Minuten lang. Dann Pause in Kufstein bis zur Übernahme des Zuges mit Abfahrt um 22:06 Uhr. Weiter bis zur Ablösung nach Osnabrück . Da waren es neun Stunden 53 Minuten. Ohne Verspätung, die an diesem Tag nochmals rund 15 Minuten betrug. Laut Arbeitszeitgesetz müsste der Lokführer nach sechs Stunden eine Pause von 45 Minuten einlegen. Da der Personaldienstleister nach Einschätzung von mobifair tarifgebunden ist, wäre das schon nach fünf Stunden und 30 Minuten notwendig gewesen.
Übrigens: Im Lkw- und Reisebusverkehr haben die Fahrer bereits schon nach 4 Stunden 30 Minuten die Pause vorgeschrieben. Diese Zeiten fordern die Lokführer in der EVG auch, denn so lange unterwegs zu sein, wie der Leihlokführer des Personaldienstleisters, ist durchaus gefährlich.
Bei den mobifair-Recherchen wurden Arbeitszeitverstöße festgestellt. Außerdem liegen Vermutungen nahe, dass gegen das neue Mindestlohngesetz verstoßen wird, was die Beschäftigten im Zug angeht. mobifair hat die Ergebnisse beim Eisenbahnbundesamt und beim Gewerbeaufsichtsamt angezeigt. Das EBA teilte daraufhin mit, man nehme die Hinweise im Rahmen der allgemeinen Eisenbahnaufsicht zur Kenntnis. Nicht zu vergessen der Verweis, dass für die Einhaltung staatlicher Vorschriften die jeweiligen Landesbehörden zuständig seien. Ob nun Maßnahmen ergriffen werden oder nicht, blieb offen.
Ebenso informiert hat mobifair die Landesbehörde, das Gewerbeaufsichtsamt. Nach zahlreichen Fragezeichen ob der Zuständigkeit, da es den Eisenbahnverkehr betrifft, haben die Ergebnisse der Recherche soweit überzeugt, dass die Gewerbeaufsicht die Prüfung vor Ort vornehmen wird.
Es bleibt leider bei der Feststellung: Immer mehr Züge sind unkontrolliert unterwegs. Die Zuständigkeiten liegen nicht in einer Hand und Kontrollen im Eisenbahnverkehr sind im Personalbestand der Behörden nicht berücksichtigt. Gewerbeaufsichtsämter wissen kaum damit umzugehen, weil ihnen die Kontrollmöglichkeit (digitale Tachometer oder Fahrerkarte) fehlen. Es genügt nicht mehr, den Eisenbahnbetriebsleitern die Verantwortung zu übertragen. Die Eisenbahngesetze brauchen eine Novellierung und die Schiene mehr und geeignete Kontrollen. Das gehört zu einem fairen Wettbewerb und sorgt für eine sichere Zugfahrt.
mobifair recherchiert weiter.