27. Juli 2011 – Geringverdiener haben in den vergangenen zehn Jahren weitere finanzielle Einbußen hinnehmen müssen. Dass ein ausufernder Niedriglohnsektor negative Auswirkungen auf die sozialen Sicherungssysteme hat und langfristig zu Altersarmut führt, bewegt die deutsche Politik aber nicht zum Handeln.
„Hier wird tatenlos zugesehen, wie Menschen in Armut geraten. Das ist unbegreiflich“, sagt Helmut Diener, Geschäftsführer von mobifair. Wie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) ermittelt hat, mussten die drei unteren Einkommensgruppen seit 2001 Einbußen zwischen 16 und 22 Prozent hinnehmen. Außerdem nahm die Zahl der Zeitarbeitsplätze enorm zu. Das statistische Bundesamt errechnete, dass 2010 in der Bundesrepublik mehr Menschen als je zuvor in unregulären Arbeitsverhältnissen beschäftigt waren. Nach Angaben des DIW stieg die Zahl der prekären Beschäftigungen von 134.000 im Jahr 1994 auf 823.000 Ende 2010.
Seit langem fordert mobifair ebenso wie Gewerkschaften und Sozialverbände gleiche Bezahlung von Leiharbeitern und Stammbelegschaft (equal pay) und einen Mindestlohn von 8,50 Euro. Mittlerweile mehren sich auch die Stimmen aus anderen Bereichen, die dringend Maßnahmen gegen den ausufernden Niedriglohnsektor fordern. So hat sich auch der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, deutlich für Mindestlöhne ausgesprochen.
Peter Bofinger, einer der Wirtschaftsweisen, warf der Bundesregierung Untätigkeit vor. Statt den Niedriglohnsektor einzudämmen und Löhne zu stabilisieren, zeige die Politik nur Desinteresse, kritisierte er. Sein Vorschlag: Künftig sollen Arbeitgeber wieder die Hälfte der Krankenkassenbeiträge übernehmen. Diese Entlastung für die Arbeitnehmer „würde den Staat keinen Cent kosten“ wird der Professor der Universität Würzburg zitiert.