15. Juni 2011 – Immer mehr Güterzüge rollen über die innereuropäischen Grenzen. mobifair hat die Einhaltung von Vorschriften zu Fahrzeiten, Pausen und Ruhezeiten kontrolliert. Fazit: Es gibt kein Regelungsdefizit, sondern ein Kontrolldefizit.
Im Rahmen eines Projektes hat mobifair die Wettbewerbssituation im Bereich des interoperablen grenzüberschreitenden Schienengüterverkehrs unter die Lupe genommen. Werden die rechtlichen Vorschriften, insbesondere EU-Richtlinien, eingehalten? Welche Wirkung haben die unterschiedlichen Lohn- und Sozialstandards bei interoperablem Verkehr auf die Wettbewerbsfähigkeit einzelner Unternehmen?
Wie die Recherche zeigte, gibt es bei der Umsetzung der EU Richtlinie 2005/47 sowohl national als auch mit Blick auf die Vereinbarung der Sozialpartner CER und ETF zu diesem Thema kein Regelungsdefizit, sondern ein Kontrolldefizit.
Deutlich wurde, dass selbst die Kontrollbehörde keine Möglichkeit einer umfassenden Erhebung zu Fahrzeiten und Pausenzeiten hat, weil die Aufzeichnungsinstrumente keine personenbezogenen Verstöße aufzeichnen. Für dritte, zum Beispiel eine Nichtregierungsorganisation (NRO), ist es gänzlich unmöglich, verlässliche Angaben zu bekommen.
So werden zwar die Fahrzeiten der Lokomotiven aufgezeichnet, aber eine Kontrolle der Fahrzeiten der Lokführer ist nur anhand von Fahrbefehlen möglich. Im Vergleich zum Lkw, wo mit der Fahrerkarte die Lenk- und Ruhezeiten nachvollziehbar aufgezeichnet werden und bei Kontrollen vor Ort ausgelesen werden können, ist dies im Schienengüterverkehr nicht möglich.
Als Ergebnis des Projekts fordert mobifair:
- die sofortige Einführung einer digitalen Fahrerkarte für jeden Lokführer. Ohne eine solche Karte darf ein Zug nicht gefahren werden.
- eine öffentliche Dokumentation über die Nutzung der öffentliche Infrastruktur Schiene, damit NRO ergänzend zu den Kontrollbehörden Missstände aufdecken können. Dazu wird weiterhin die Einbeziehung von Verkehrsdienstleistungen auf öffentlichen Infrastrukturen in das Verbraucherinformationsgesetz gefordert.
- eine besonderen Personalüberwachung grenzüberschreitender Zugverkehre. Hier muss der Lokführer mittels eines Einsatzberichtes einen Nachweis über alle geforderten Arbeitsschutzmaßnahmen inklusive der Erfordernisse gemäß den VDV-Richtlinien erbringen. Diese Aufgabe sollte ggf. auch Dritten übertragen werden können.
- Bußgelder bei Verstößen. Bei gravierenden Verstößen oder im Wiederholungsfall ist dem Lokführer eine grenzüberschreitende Fahrt zu untersagen.
- von der EU-Kommission, in ihrem anstehenden Bericht zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2005/47 nicht nur den Stand der Umsetzung zu dokumentieren, sondern auch die Möglichkeiten der Kontrollen und die aufgedeckten Verstöße einzubeziehen.