Skandal bei größter Ausschreibung
Es ist die bislang größte europaweite Ausschreibung im öffentlichen Schienenpersonennahverkehr die jetzt vom Bundesland Brandenburg auf den Weg gebracht wurde. Und es ist wieder eine reine Preisvergabe. Wieder einmal soll der billigste Anbieter – ohne Rücksicht auf Lohn- und Sozialstandards der Arbeitnehmer – den Zuschlag erhalten. Ein Skandal!
Ausgeschrieben wurden gemeinsam mit den Bundesländern Berlin, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern zehn Regionalbahn und sechs Regionalexpresslinien, mit einem Gesamtvolumen von rund 22 902 000 Zugkilometern pro Jahr. Es handelt sich bei den RE-Linien um die Strecken, die über die Berliner Stadtbahn verkehren und um RB-Strecken im Umfeld von Berlin. Die Ausschreibung wurde als „Netz Stadtbahn“ ausgeschrieben. Hauptorte sind Berlin, Potsdam, Brandenburg (Havel), Frankfurt (Oder), Cottbus, Rathenow, Jüterbog, Wittenberge, Belzig, Fürstenwalde (Spree), Dessau, Magdeburg, Schwerin und Wismar. Der Auftrag beginnt im Dezember 2011 und hat eine Laufzeit bis Dezember 2022. Abgabeschluss für die Bieter ist der 13. März des kommenden Jahres. Die ausgeschriebenen Strecken werden momentan von den Eisenbahnverkehrsunternehmen DB Regio AG, Ostseelandverkehrs GmbH (OLA) und Ostdeutsche Eisenbahn GmbH (ODEG) betrieben.
Eindeutige Forderungen
mobifair will erreichen, dass die Ausschreibung aufgehoben und mit veränderten Vergabekriterien neu aufgelegt wird. In die Vergabebedingungen muss die Anwendung des Tarifvertrages, mit der zahlenmäßig größten Tarifbindung als Voraussetzung aufgenommen werden. Außerdem müssen die Bewerber verbindlich den Verzicht auf den Einsatz von Subunternehmen im Bereich des Personaleinsatzes erklären. In die Ausschreibung ist außerdem die Mindestanzahl der Stammbeschäftigten, mit der die Leistung erbracht werden soll aufzunehmen. Die Qualität des Angebots und die Sozialstandards für die Arbeitnehmer müssen bei der Gewichtung für die Vergabeentscheidung über 50 Prozent liegen. Für den Fall eines Wechsels des Betreibers ist ein Übernahmeangebot mit einer sozialen Besitzstandssicherung zu vereinbaren. mobifair vertritt die Auffassung, dass so wichtige Entscheidungen nicht in irgendwelche abgeschotteten Hinterzimmer gehört, sondern öffentlich und transparent zu begründen sind.
Sozialbeirat gefordert
mobifair fordert einen Sozialbeirat in den Vergabestellen, der als Fachgremium das Ausschreibungsverfahren begleitet und vor der Vergabeentscheidung durch das zuständige Gremium gehört wird. Im Sozialbeirat sollen vor und nach der Entscheidung die zuständigen Betriebsräte der beteiligten Unternehmen angehört werden. Bei einem Betreiberwechsel muss eine Auffanggesellschaft gegründet werden, zur Überleitung der betroffenen Arbeitnehmer.