Nach Plänen der EU-Kommission sollen Speditionen bei schweren oder wiederholten Verstößen künftig europaweit ihre Zulassung verlieren. In Brüssel wurde ein umfangreiches Paket neuer Vorschriften für den Kraftverkehr in Europa beschlossen. Vorgesehen sind darin auch gemeinsame Regeln zur Zulassung der Unternehmen, zur Ausbildung von deren Managern und zur Kabotage. Den Vorschlägen müssen vor in Kraft treten, noch das Europaparlament und der EU-Ministerrat zustimmen.
Mit den vorgeschlagenen Verordnungen sollen Wettbewerbsverzerrungen verringert werden und es soll für eine bessere Einhaltung der Sozialvorschriften und der Sicherheitsvorschriften im Straßenverkehr durch die Verkehrsunternehmer gesorgt werden.
mobifair begrüßt diese, von der EU-Kommission angestrebten, Regelungen. Sie decken sich weitgehend mit den Forderungen mit denen sich mobifair wiederholt an die EU-Politiker in Brüssel, Straßburg und Berlin gewandt hat.
Helmut Diener, Geschäftsführer von mobifair, erklärte zu dem Verordnungsentwurf in Frankfurt am Main, dass es nun gelte, den positiven Ansätze auch „über die parlamentarischen und bürokratischen Hürden“ zu helfen. Die Erfahrungen aus der Vergangenheit hätten leider immer wieder gezeigt, dass von den positiven sozialen Absichten am Schluss meist nur noch Rumpfgebilde übrig geblieben sind. Um zu vermeiden, dass die angestrebte Kabotageregelung wieder den unseriösen Unternehmen Tür und Tor für Verstöße öffnet, müsse zuvor europaweit eine deutliche Erhöhung der Kontrolldichte gewährleistet werden.
Der Verordnungsentwurf sieht vor, dass die 27 EU-Mitgliedstaaten künftig nur noch Fuhrunternehmen zulassen dürfen, wenn sie unbescholten sind. Die Zuverlässigkeit des Unternehmens darf – so der Entwurf – „nicht ernsthaft in Frage gestellt“ sein. Eine Firma soll demnach keine Genehmigung bekommen, wenn sie „wegen schwerwiegender Verstöße gegen die geltenden einzelstaatlichen Vorschriften zu den Entlohnungs- und Arbeitsbedingungen, zu den Verkehrsregeln sowie die Berufspflichten verurteilt worden ist“.
Wettbewerbsverzerrungen sollen nach dem Willen der EU-Kommission |
Jedes Unternehmen, das als Kraftverkehrsunternehmen tätig sein möchte, muss in Zukunft einen Kraftverkehrsbetreiber beschäftigen, der seine fachliche Eignung durch das Bestehen einer Prüfung im Anschluss an eine 140-stündige Ausbildung nachweist. Werden unter seiner Verantwortung schwere Verstöße begangen, wird dieser Kraftverkehrsbetreiber nicht mehr als zuverlässig angesehen und kann in der gesamten Gemeinschaft zwei Jahre lang keine Kraftverkehrstätigkeiten mehr leiten. Auch die Urteile gegen Verkehrsleiter der Firmen wegen schwerer oder wiederholter geringfügiger Verstöße gegen einschlägige EU-Vorschriften sollen zum Zulassungsverlust führen. Als schwere Verstöße nennt das Kommissionspaket übrigens unter anderem Verstöße gegen die Lenk- und Ruhezeiten sowie die Manipulation des digitalen Tachografen. Die Kommission will damit erreichen, dass Lenk- und Ruhezeiten der Fahrer ebenso eingehalten werden wie die Vorschriften zum Transport gefährlicher Güter oder die korrekte Benutzung von Fahrtenschreibern. Wiederholte Verstöße dagegen sollen europaweit „den Verlust der geforderten Zuverlässigkeit bedeuten“ und den Entzug der Zulassung nach sich ziehen.
Die einzelstaatlichen Behörden, die die Lizenzen ausstellen, müssen bis 2010 im Interesse einer wirksameren Überwachung europaweit interoperable elektronische Register einführen. Sie müssen den Verkehrsunternehmen, die schwere Verstöße begehen, die Lizenz entziehen. In diesem Zusammenhang werden festgestellte schwere Verstöße von den Mitgliedstaaten gegenseitig anerkannt.
Die Unternehmen müssen – so der Entwurf – um eine Zulassung zu erhalten, außerdem Ihre finanzielle Leistungsfähigkeit anhand von Finanzindikatoren, betreffend ihrer kurzfristigen Zahlungsfähigkeit, oder durch Bankgarantien nachweisen. Im Interesse eines lauteren Wettbewerbs müssen die Unternehmen außerdem über Geschäftsräume und eine Betriebsstätte verfügen, um das Auftauchen von „Briefkastenfirmen“ zu vermeiden.
Gemeinsame Regeln schlägt die Kommission auch zur Kabotage vor. Um die Rechtsunsicherheit zu beenden, wird die Kabotage (der Güterverkehr innerhalb eines Mitgliedstaates durch ein ausländisches Verkehrsunternehmen) zugelassen, wenn sie im Anschluss an eine grenzüberschreitende Beförderung durchgeführt wird. Diese Kabotage wird auf höchstens drei Beförderungen innerhalb von sieben Tagen begrenzt. Bisher sind die Vorschriften von Land zu Land unterschiedlich und in vielen Fällen bilateral geregelt. Die angestrebte Öffnung soll helfen, teure und umweltschädliche Leerfahrten zu vermeiden.
Um zu verhindern, dass sich Kraftfahrer „scheinselbständig“ machen, können sich diese nicht mehr auf den Kraftverkehrsbetreiber des Unternehmens stützen, bei dem sie Unterauftragnehmer sind. Die Mitgliedstaaten müssen im Übrigen die Vorschriften über die Begrenzung der Arbeitszeit streng anwenden, damit sie nicht unterlaufen werden können.
Der gleichzeitig angenommene Bericht betrifft die Anwendung der Richtlinie über die Arbeitszeitregelung auf die selbständigen Kraftfahrer. Die Mitgliedstaaten werden darin aufgefordert, die Richtlinie bei scheinselbständigen Kraftfahrern streng anzuwenden. Der Bericht weist auf die Nachteile einer zu breiten Anwendung der Richtlinie auch auf „echte“ Selbständige hin und betont die Notwendigkeit einer Änderung der Richtlinie.
Kommissionsfachleute glauben, dass die Vereinfachung mancher Abläufe durch die Neuregelungen die für Unternehmen und Behörden anfallenden Verwaltungskosten um 190 Millionen Euro jährlich verringert werden.